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Monat: November 2013

Ultimatives Sicherheitsgadget (Teil 7): Die Pilotenbohne

Wer kennt es nicht, das Serpentinenhigh, den Kurvenrausch gebirgiger Asphaltexpeditionen. Kaum ein Handwerk schnalzt mir den Flow so um die Ohren wie ein Ausflug in die redundanten Tornanten der Alpen. Gäbe es keinen schnöden, notwendigen Alltag, ich könnte mein restliches Leben in diesem aussergewöhnlichen Bewusstseinszustand umherfegen. Allerdings werden auch meine Rezeptoren einmal satt vom Dauerfeuer verzückter Neurotransmitter und benötigen ihren wohlverdienten Synapsenschlaf. Dies ist genau der Moment in dem Erschöpfung und Müdigkeit meine Achtsamkeit samt dem Sein im Hier und Jetzt verpuffen läßt. Meinen grauen Zellen täte jetzt ein allinclusive Wellnessprogramm sehr gut. Also was tun?

Ich denke an Gesellschaftsdrogen. Espresso? Nein, der hat mir zu dieser matten Tageszeit bereits Löcher in die Magenwand gesprengt (Siehe „Ultimatives Sicherheitsgadget Teil 3: Die Kaffeepause„). Energy Drinks? Die kommen bei mir nicht in die Röhre, das gebieten mir Stil und Anstand. Auch für einen kurzen Powernap fehlt mir das Gemach. Da gerät mir eine alte überlieferte Dopingrezeptur südamerikanischer Piloten in den Sinn: Airmen BeansBonbons auf Kaffee-, Guarana- und Zuckerrohrbasis.

Nicht abgeneigt mir im Selbstversuch bewusstseinserweiternde Medizin einzuverleiben, werfe ich mir ein paar dieser Pilotenbohnen ein, um zu testen, in wie weit sie meine Ausdauer tatsächlich verlängern. Und siehe da: Ob nur Placebo oder die Essenz der brasilianischen Liane, die Wirkung war, dass ich nach dem Konsum dieser Kraftzuckerl es eine lange Samstagnacht anständig krachen lassen konnte. Natürlich hatte ich solch Saturday-Night-Fever auch schon ohne Fliegerpastillen. Auch die Rauschforschung stellt fest, dass eine gelungene Sause ohnehin nur eine coole Herde benötigt, mit der man um die Häuser ziehen oder Kurven zähmen kann. Trotzdem werden die Airmen Beans nächste Saison bei kurvenreicher Tagestouren Bestandteil meines Tankköfferchens sein. Hilft’s nicht, schadt’s nicht! Und lecker sind sie allemal.

risk’n’ride,
Dieter

Ultimatives Sicherheitsgadget (Erstes Teil)
Ultimatives Sicherheitsgadget (Zweites Teil)
Ultimatives Sicherheitsgadget (Dritter Teil)
Ultimatives Sicherheitsgadget (Vierter Teil)
Ultimatives Sicherheitsgadget (Fünfter Teil)
Ultimatives Sicherheitsgadget (Sechster Teil)

„Gas auf und om“ – Warum Rasen gesund ist!

Fördern Schnellfahren und Rasen unsere Gesundheit? Warum die motorradfahrende Zunft gelegentlich den Gashahn über das Übliche hinaus öffnet, habe ich bereits in früheren Postings beschrieben. Ob jedoch „einen Zahn drauf haben“ auch heilsam für Körper und Geist ist, soll mein heutiger Leitgedanke sein.

Um meine Einstiegsfrage zu beantworten, parke ich mein Motorrad vor einem buddhistischem Zentrum und stürze mich in die Thematik der kontemplativen Meditation. Dieses Vorhaben der fernöstlichen Einkehr ist nichts Geringeres als den Notausschalter für den Verstand und Denken zu drücken. Jeder, der Meditation regelmässig ausübt, lernt störende Gedanken auszuschalten und einfach nur zu SEIN.

Entgegen dieser Gedankenpraxis schenkt uns das gemächliche Cruisen zuviel Raum und Zeit für Imagination und Fantasie, also für Ausgedachtes und Fabriziertes. Dies lenkt uns vom Motorradfahren ab. Brettern wir hingegen nahe am Limit, bleibt kein Staubkörnchen Platz für Künftiges oder Vergangenes. Beim Rasen sind wir im Wesen eines Bodhisattva im Hier und Jetzt. Verstand und Nicht-Verstand, lösen sich auf, wie auch an der physikalischen Grenze Seitenkräfte und Umfangskräfte dem Reifen keinerlei Spiel lassen.

Rasen scheint somit Kontemplation in Reinkultur zu sein. Alle Sinne sind geschärft. Die Konzentration gespannt wie der Bogen eines Zen-Meisters. Kein Geistesraum für Einkaufslisten, facebook, youporn, Probleme oder Sorgen. Wer diese Seelenlage einmal erleben durfte, der versucht immer wieder zu ihr zurückzukehren, um solchen mentalen Zustand regelmässig zu wiederholen. Gas auf und om!

Neben verbessertem Immunsystem, erhöhter Leistungsfähigkeit und verstärkter Ausgeglichenheit, eliminiert Meditation auch so belanglose Gedanken wie: „Soll ich nächste Saison Duke oder Nine T fahren?“ Diese kindlichen Couchgedanken, die uns durch gesponserte Motorradmagazine und -blogs eingepflanzt werden, werden für einen Dharmabiker zum weltlichen Schnickschnack. Er weiss, dass es nicht darum geht WAS ich fahre, sondern WIE ich fahre.

Im waghalsigem Herbrennen verschwindet zumal auch jede Angst vor Stürzen oder Tod. Solch profane Gedanken verschwinden aus dem Rückspiegel oder wie unser vielzitierter Hunter es zum besten brachte: „Faster, faster, until the thrill of speed overcomes the fear of death.“ Motorradfahren wird zu Kunst der Abschiedlichkeit.

Um der Gesellschaft und unserem Über-Ich einen Dienst zu erweisen, ist es natürlich ratsam solchen Geistes- und Fahrpraktiken auf abgesperrten Rennstrecken oder Motocrosskursen zu fröhnen. Aber ehrlich gesagt: Funktionieren tut es auch auf Landstrassen.

Etwas bedrohlich für die Motorradindustrie scheint nur, dass eben dieser erleuchtungsnahe Zustand auch durch tägliches Sitzen am Meditationskissen erlangt werden kann. Wird Motorradfahrer dadurch obsolet? Nein, keinesfalls, denn hat die Menschheit einmal die nächste Stufe der Bewusstseinsentwicklung erklommen, dann bleibt uns das Motorrad als Poser-, Retro- oder Museumsstück. Es wäre eine Ära in der Zonko Bonneville fährt.

So, jetzt ab ins Dojo,
risk‘n‘ride,
Dieter

Motorradunfallstatistik 2013 – Ball flach halten!

So, Senf spenden ist ja meine Schwäche, daher drück ich mal einen Batzen dieses Zeugs neben die derzeit viel diskutierte Statistik der (bislang) 2013 verunglückten Motorradfahrer. Überfliegt man die Medien und ihre Bestürzung über den Anstieg der Opferzahlen der Herbrennerzunft, bleibt mir nur zu sagen: „Bitte haltet den Ball flach!“ Nach einem Zug an einer Entspannungszigarette inklusive distanzschaffendem Stratosphärenblick, könnt Ihr Euch getrost in die Sissybar lümmeln und kommende Saison planen. Warum?

Im Vergleich der letzten Jahre ist der heurige Anstieg von tödlichen Motorradunfällen (84: Stand 13.Oktober) entgegen der Medienhysterie keinesfalls signifikant. 2000-2009 gab es jährlich eine größere Anzahl von Verunglückten. Die letzten 3 Jahre (64, 67, 70), tja, da hatten wir beschissenes Sommerwetter. Da es heuer wieder öfter krachte, sollte man dem wohl Petrus die Hoheit über die Summe der Sonnentage entziehen. Ob 84 Todesfälle grundsätzlich eine drastische Vielheit darstellen, das sei ein anderes Thema. Aussergewöhnlich ist die Menge jedoch ganz und gar nicht.

Schlechte Ausbildung, ungeübte Motorradfahrer, Altersschwäche (siehe Diagramm), zu wenig ABS-Motorräder, mangelhafte Ausrüstung“ – viele Argumente werden mühevoll im Oberstübchen gezimmert. Richtig stichhaltig ist dabei keines.

Eines jedoch kann man an den Zahlen ablesen. Im folgendem Diagramm lässt sich ein gewisser Rechtsruck erkennen. Diesmal nicht ausgelöst durch hirnschwache WählerInnen, sondern durch die demographische Entwicklung des Motorradfahrers an sich. Ja, wir alle werden älter. Der Koan: „Es gibt zwei Arten von Bikern: Die Guten und die Alten.“, ist nicht mehr gültig. Viele Veteranen trotzen der Mahnungen des Spießbürgertums und überleben klammheimlich ihre Zweiradkarriere. Nachwuchs ist nicht in Sicht, vielleicht ausgelöst durch die Finanzschwäche der jungen Brut oder durch deren Passung ins Hamsterrad. Der „Rebell“ dieser Tage fährt nicht Panigale sondern investiert in „Call of Duty“ oder iMac.

Jetzt frag ich mich nur: Was haben die Medien, Autofahrerclubs, Versicherungen ect. davon, allerseits Panik bezüglich des Risikos Motorradfahren zu streuen?

Also bitte weiterhin,
risk’n’ride,
Dieter

Die Zahlen, falls es Dir weiterhilft:

Nationalität:

  • 19 getötete Motorradfahrer waren „Gäste“ (überwiegend Deutsche)
  • 65 Österreichische Staatsbürger

Altersgruppen der 84 Getöteten:

  • 12 Jahre:     1   (meines Wissens Beiwageninsasse)
  • 18-20:         2
  • 21-29:        16
  • 30-45:       29
  • 46-60:       26
  • über 60:    10

Fünf Säulen für die Monsterwelle

Jay Moriarity war noch ein kleiner Junge, als ihn „Frosty“ Hesson aus der tosenden Brandung der nordkalifornischen Küste zog und damit sein Leben rettete. Sieben Jahre später, mittlerweile ein 16-jährige Surfer, träumte Jay von den Giganten des Pazifiks, von den Mavericks, die „Frosty“ alljährlich zu surfen versuchte. Trotz grosser Bedenken wegen des hohen Risikos, lässt sich „Frosty“ überreden, Jay für den Ritt dieser Monsterwelle zu coachen. Der Rest ist Geschichte. Jay schaffte es im selben Jahr auf das Titelblatt des Surfer-Magazins (siehe Bild) und erlangte dadurch Weltruhm in der Surferszene. Viel zu früh, mit 22 Jahren, starb Jay Moriarity beim Freediving auf den Malediven.

Deine Meisterung der Mavericks steht auf 4 Grundpfeilern. Es sind die 4 Säulen eines soliden menschlichen Fundaments„. Dies gab „Frosty“ Hesson seinem Schützling Jay mit auf seinen kurzen Lebensweg. „Vernachlässigt Du eine dieser vier Säulen, solltest Du den Ritt nicht riskieren„. Dein Körper, dein Wissen, deine Gefühle und dein Geist sollten ausgebildet und in Einklang sein, um Monsterwellen wie die Mavericks oder die Wirren Deines Lebens zu meistern.

  • Das Physische
  • Das Mentale
  • Das Emotionale
  • Das Spirituelle

Jay ergänzte „Frostys“ Liste mit einer fünften Säule:

  • Die Freunde

Ohne Freunde zählt für Jay im Leben nichts oder wie Alexander „Supertramp“ McCandless, sein ebenbürtiger Glücksritter, kurz vor seinem Tod in der Wildnis von Alaska mit einsamer Hand in Tolstois „Familienglück“ kritzelte: „Happiness is only real when shared“.

Lebe wie Jay,
dare’n’share,
Dieter

 

Alle, die stets an die Grenzen gehen, werden irgendwann herausfinden, dass sie ihre Grenzen manchmal überschreiten.

Jay Moriarity