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„Gas auf und om“ – Warum Rasen gesund ist!

Fördern Schnellfahren und Rasen unsere Gesundheit? Warum die motorradfahrende Zunft gelegentlich den Gashahn über das Übliche hinaus öffnet, habe ich bereits in früheren Postings beschrieben. Ob jedoch „einen Zahn drauf haben“ auch heilsam für Körper und Geist ist, soll mein heutiger Leitgedanke sein.

Um meine Einstiegsfrage zu beantworten, parke ich mein Motorrad vor einem buddhistischem Zentrum und stürze mich in die Thematik der kontemplativen Meditation. Dieses Vorhaben der fernöstlichen Einkehr ist nichts Geringeres als den Notausschalter für den Verstand und Denken zu drücken. Jeder, der Meditation regelmässig ausübt, lernt störende Gedanken auszuschalten und einfach nur zu SEIN.

Entgegen dieser Gedankenpraxis schenkt uns das gemächliche Cruisen zuviel Raum und Zeit für Imagination und Fantasie, also für Ausgedachtes und Fabriziertes. Dies lenkt uns vom Motorradfahren ab. Brettern wir hingegen nahe am Limit, bleibt kein Staubkörnchen Platz für Künftiges oder Vergangenes. Beim Rasen sind wir im Wesen eines Bodhisattva im Hier und Jetzt. Verstand und Nicht-Verstand, lösen sich auf, wie auch an der physikalischen Grenze Seitenkräfte und Umfangskräfte dem Reifen keinerlei Spiel lassen.

Rasen scheint somit Kontemplation in Reinkultur zu sein. Alle Sinne sind geschärft. Die Konzentration gespannt wie der Bogen eines Zen-Meisters. Kein Geistesraum für Einkaufslisten, facebook, youporn, Probleme oder Sorgen. Wer diese Seelenlage einmal erleben durfte, der versucht immer wieder zu ihr zurückzukehren, um solchen mentalen Zustand regelmässig zu wiederholen. Gas auf und om!

Neben verbessertem Immunsystem, erhöhter Leistungsfähigkeit und verstärkter Ausgeglichenheit, eliminiert Meditation auch so belanglose Gedanken wie: „Soll ich nächste Saison Duke oder Nine T fahren?“ Diese kindlichen Couchgedanken, die uns durch gesponserte Motorradmagazine und -blogs eingepflanzt werden, werden für einen Dharmabiker zum weltlichen Schnickschnack. Er weiss, dass es nicht darum geht WAS ich fahre, sondern WIE ich fahre.

Im waghalsigem Herbrennen verschwindet zumal auch jede Angst vor Stürzen oder Tod. Solch profane Gedanken verschwinden aus dem Rückspiegel oder wie unser vielzitierter Hunter es zum besten brachte: „Faster, faster, until the thrill of speed overcomes the fear of death.“ Motorradfahren wird zu Kunst der Abschiedlichkeit.

Um der Gesellschaft und unserem Über-Ich einen Dienst zu erweisen, ist es natürlich ratsam solchen Geistes- und Fahrpraktiken auf abgesperrten Rennstrecken oder Motocrosskursen zu fröhnen. Aber ehrlich gesagt: Funktionieren tut es auch auf Landstrassen.

Etwas bedrohlich für die Motorradindustrie scheint nur, dass eben dieser erleuchtungsnahe Zustand auch durch tägliches Sitzen am Meditationskissen erlangt werden kann. Wird Motorradfahrer dadurch obsolet? Nein, keinesfalls, denn hat die Menschheit einmal die nächste Stufe der Bewusstseinsentwicklung erklommen, dann bleibt uns das Motorrad als Poser-, Retro- oder Museumsstück. Es wäre eine Ära in der Zonko Bonneville fährt.

So, jetzt ab ins Dojo,
risk‘n‘ride,
Dieter

4 Comments

  1. Gerald Brandtner Gerald Brandtner

    Hey mein rasender Meditations-Budda!
    Es ist auch für mich Antibiker immer wieder erfrischend deine – in schwungvollen Metaphern dahingleitenden – Blogs zu lesen. Nur die Pointe mit Zonko Bonneville verstehe ich natürlich nicht.
    Gutes Om-en
    Gerald

    • Hallo mein lieber Kristalltänzer!
      Vielen Dank für die Blumen. Ja, das mit Zonkos Bonneville bleibt ein Insider für Insider. Werd Dir mal erzählen, was es damit auf sich hat.
      Holy Contact,
      Dieter

  2. „Wird Motorradfahrer dadurch obsolet? Nein, keinesfalls, denn hat die Menschheit einmal die nächste Stufe der Bewusstseinsentwicklung erklommen, dann bleibt uns das Motorrad als Poser-, Retro- oder Museumsstück.“

    Sehe ich anders: Sollte es die Menschheit tatsächlich schaffen die nächste Bewusstseinsebene zu erklimmen, ohne sich vorher selbst ausgerottet zu haben, verständen auch mehr von ihnen das Motorradfahren, was es zu genau dem Gegenteil eines Poser-, Retro- oder Museumsstücks machen würde. – Rein hypothetisch.

    • Ja, Alexander, bleibt zu hoffen, dass Du recht hast und wir in einem neuen Zeitalter ála TRON als Helden durch die Galaxie rattern. Verstanden von den Erdlingen und fernab jedes Ressentiments gegen uns Motorradfahrer. Obwohl ein bisschen posen und einen zarten Hauch von Retrochic möchte ich nicht missen. 😉

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