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Risk'n'Ride Posts

Wie gefährlich ist Sicherheit?

In seinem Buch „Gefährliche Sicherheit: Lust und Frust des Risikos“ (Hirzel, Stuttgart 1990) schreibt Felix von Cube auch einige Zeilen über das Motorradfahren, die mir interessant erscheinen. Er gibt dem Leser einen kleinen wissenschaftlichen Einblick in das Risikoempfinden und die Motivation von Motorradfahrern. Hier der Text:

Felix von Cubes Sicherheits-Risiko-Gesetz lautet: „Je sicherer man sich fühlt, desto größer ist das objektive Risiko, das man eingeht oder aufsucht.“ Wäre nun interessant, ob ich mir mit Traktionskontrolle, ABS oder Talisman auch höhere Geschwindigkeiten gönne.

Sehr lesenswertes, obwohl nicht motorradspezifisches Buch!
risk’n’ride,
Dieter

The Winner is: Der Pate!

Letzten Donnerstag durfte ich einer Sause der besonderen Sorte beiwohnen. In der Ovalhalle im Wiener Museumsquartier wurde der erste Ashoka Fellow Österreichs ernannt und the winner is: Gerald Koller!

Fürs Verstehen: Was ist „Ashoka“?

Ashoka ist die erste und größte internationale Non-Profit-Organisation zur Förderung von sozialem Wandel. Als sozialer Investor sucht und fördert Ashoka seit 1980 in fast 70 Ländern Social Entrepreneurs – Frauen und Männer, Changemaker, die mit innovativen, nachahmbaren Konzepten gesellschaftliche Probleme lösen.

Wer aber ist nun Gerald Koller?

Gerald ist niemand geringerer als der Pate dieses Blogs. Er entwickelte einen Ansatz zum gesunden Umgang mit dem Thema Rausch und Risiko: „Jeder Mensch tendiert dazu Risiken einzugehen. Zu einem ausgewogenen und gesunden Leben gehören, neben Sicherheit und Geborgenheit, auch das Erleben und Genießen von außergewöhnlichen Erlebnissen. Bei fehlender Risikokompetenz können sie jedoch zur Gefahr werden. Damit man beim Erleben von Risiko die Gefahrengrenze nicht überschreitet, ist Risikokompetenz in diesen Situationen unverzichtbar.“

Gerald Kollers Ansatz:

risflecting

Das Ziel von risflecting© ist, drei Kompetenzen im Umgang mit Rausch- und Risikosituationen zu erlernen:

TAKE A BREAK
Als Vorbereitung auf eine Rausch- und Risikosituation soll eine bewusste Auszeit genommen werden, in der man sein Umfeld aktiv wahrnimmt und beurteilt. Wo bin ich? Mit wem bin ich unterwegs? Wie ist meine körperliche und physische Verfassung?

LOOK AT YOUR FRIENDS
Wenn man in einer Gruppe unterwegs ist, soll einem die soziale Verantwortung gegenüber seinen Mitmenschen bewusst sein. Viele Unfälle in Rausch- und Risikosituationen können verhindert werden, wenn die Gruppe aufeinander achtet.

REFLECT
Das Reflektieren und Aufarbeiten der Rausch- und Risikosituation am Tag danach, nicht nur quantitativ, sondern auch gefühlt, hilft aus dem Erlebten für die Zukunft zu lernen.

Was dies alles mit Motorradfahren zu tun hat? Vieles! Einiges davon habe ich bereits versucht auf diesem Blog in und zwischen den Zeilen wiederzugeben. Es gibt noch mehr. Lasst Dich überraschen,

Risflect!
risk’n’ride, Dieter

Bikerpornos zwischen Soft- und Hardcore (Adults Only)

Wie manche von Euch schmökere auch ich ab und zu auf Motorradseiten im Internet und immer wieder begegnen mir hier Videos – meist hochgeladen von oder verlinkt mit youtube.com. Was mir dabei auffällt ist die überdurchschnittlich hohe Anzahl von grausligen Unfallvideos – wenige zum Schmunzeln, viele zum Wegschauen. Warum besitzen wir Motorradfahrer so viel Interesse, oder viel mehr Lust, anderen Bikern bei einem Kapitalen zuzusehen. Es gibt meines Wissens kein Bergsteigerportal an dem man ununterbrochen Kletterer auf Felsen klatschen sieht. Ok, der Unterschenkelbruch des österreichischen Skifahrers Matthias Lanzinger wurde auf Videoportalen 1.000.000fach angeklickt. Der  geballten „Gaffermentalität“ von uns Motorradfahrern kann dies jedoch nicht annähernd das Blut reichen. Ist uns der Horror im Sehnerv beheimatet oder quetschen wir damit die letzten Reste unserer Nebennierenflüssigkeit in unsere Gehirnwindungen?

Ich hab mich, der ich an diesen Filmchen bisher wenig interessiert war, àla Clockwork Orange vor die Glotze geschnallt, um zu sehen was meine Neurotransmitter dazu sagen. Meine Wahl für den Selbstversuch fiel auf gaskrank.de, seinerseits vielbesuchtes Motorrad Video Portal. Ich erkannte rasch: da ist ein Quell gezähmten Nervenkitzels.

Mit genügend Abstandssicherheitsrahmen beobachte ich Frontalzusammenstösse, Überschläge, High- und Lowsider en masse, Blutzoll im Überschuss, wissend, dass der Tiger, die Bestie im Käfig bleibt. Trotzdem konnte ich einen angenehmen Nervenkitzel spüren, der sich in Langeweile wandeln würde, gäbe es den Tiger nicht und pure Todesangst wäre kein Käfig vorort. Diesem Synapsenrodeo bedarf also beidem – Risiko und Sicherheit. Gitterstäbe alleine wären kein gelungenes Schauspiel. Ab und zu öffnet sich das Gehege und mein Sicherheitszone bricht zusammen – es wird mich „zuviel“, ich muss wegschauen. Gleich wieder einen schnellen Blick riskiert, stiere ich – abgekoppelt von den Bedrohungen der realen Welt, des pickelharten Asphalts, der messerscharfen Leitplanken und des entgegenkommenden 50-Tonner – in die Tiefen meiner Angstlust. Ich erkenne, je mehr Erregung ich möchte, umso mehr muss ich mich hineinfühlen, mich mit dem Leinwandhelden in der „Verzauberten Zone“ identifizieren. Räumlicher Abstand ja, emotionaler nein.

Stephen King hat sich schon mal gefragt, „warum so viele Leute bereit sind, viel Geld dafür hinzublättern, dass man ihnen extremes Unbehagen bereitet“. Ok, zugegeben, auch ich habe Vieles dabei genossen, und das umso mehr, je intensiver ich dabei fühlte. Ich war der lebende Beweis, dass Verkehrssicherheitsfilme nichts bewirken können, die sind zuviel Käfig, zu wenig Tiger.

Nun konzentriere ich mich auf die Szenen in denen mein Abstandsrahmen zusammenbricht, in denen der Unfallporno zu sehr Hardcore wird, der Käfig sich beginnt aufzulösen und mir der Schrecken in die Glieder fährt. Von Genuss keine Spur. Erinnerungen an Luis Buñuel und Salvador DaIìs Meisterwerk „Ein andalusischer Hund“ werden wach. Adrenalin overdosed.

„Der Andalusische Hund“ (1928)
(für Ungeduldige und Nicht-Cineasten: die Bestie erscheint zwischen min 0:57 – 1:38,
für Sensible: Hand vors Gesicht und Kinder weg vom Bildschirm):

Ich erkenne für mich, dass auch in der Blutpornographie eine Balance für optimales Wohlgefühl existent sein muss. Irgendwo zwischen purer Langeweile und Todesangst, gibt es ein kleines Stückchen Land mit einem Zaun, hoch genug, um den Tiger draussen zu halten, durchlässig genug, um den Dschungel zu erforschen. Ein Garten im optimalem Tätigkeitsrausch, zwischen Unter- und Überforderung. Ich würde hier mein Häuschen bauen.

Hier noch eine Frage an die Mädls von www.frauen-am-motorrad.at und fembike.de: Gehts Euch ähnlich? Bei aller Genderness: anderer Hormonhaushalt, andere Neurorausch? Mir schwant, diese „Gaffermentalität“ könnte mehr testosteronlastig sein.

Küss die Hand,
risk‘n‘ride,
Dieter

„Tanz Deine Träume“ – Blicktechniken 2012

Dem erfahrenen Motorradfahrer ist es in Fleisch und Blut gebrannt: Das genügend weite Vorausschauen. Irgendwo zwischen Tachonadel und Horizont sollte der Fokus liegen, manchmal sogar darüber hinaus. Heute, da der Blick auf 2012 noch knapp an der Nasenspitze klebt, werfe ich ein Auge auf Techniken des Vorausschauens.

Konzeptionell scheint uns Menschen der Speed beim Motorradfahren zu überfordern. Wahrnehmungstechnisch reihen wir Blackout an Blackout und schwingen von Kurve zu Kurve wie ein trunkener Tarzan. Der Blick immer am Ort wo in wenigen Momenten meine Hand die Liane ergreifen wird und sich der Reifen mit dem Asphalt vergript.

Erschwerend dabei ist, dass der Weitblick mehr und mehr schwindet je risikoreicher mir eine Situation erscheint. In der Angst ist uns das Leder näher als der Bock. Der Blick fällt in den Keller und brennt sich in das Grau knapp vor das Vorderrad. Jetzt heissts, besonders für Neulinge, „Reeelaaax!“. Merkspruch: „Je Hängematte, desto Horizont“. In der Entspannung schalten unsere Neuronen auf Weitblick. Schon Einstein empfing seine Quantentheorie im Spaziergang und nicht im verkrampften Denken.

Auch dem erfahrensten Motorradfahrer flutscht der Fokus manchmal zu nahe an das Windschild. Hier helfen Vorsätze wie: „Weit Vorausschauen“, „Beim Bremsen Blick oben lassen“, „In die Kurve hineinschauen“, „Hinter die Kurve schauen“. Keine Parolen, die man mantramässig repetieren müsste, sondern Gedächtnisstützen, die als Klebe-Memos auf Tank oder Tacho vor allem Neu- und Wiedereinsteigern unschätzbare Dienste leisten. Dazu einfach Bernt Spiegels „Motorradtraining alle Tage“ aufschlagen, vorgefertigtes Memo-Label abziehen und rauf damit, am besten dorthin, wo es Dich beim Brettern am ehesten auf die Schulter klopft.

Aus Bernt Spiegels Trainingsbuch stammt auch das Zitat der Rennsau Hermann Maier: „Wo i hiischau, do bi i aa scho sellba!“ – Hochdeutsch: „Wohin ich meine Aufmerksamkeit richte, folgt mein ganzes Sein!“

Gut so, aber wohin mit meiner Aufmerksamkeit?
Hier ein paar Motorradfahrertipps fürs Leben 2012:

„Weit Vorausschauen“: Konzeptionell scheint uns Menschen auch der Speed unserer Informationsgesellschaft zu überfordern. Es ist nicht einfach zwischen Smartphone, Email, Facebook und den altbackenen täglichen Besorgungen, das Visier oben zuhalten und den Blick auf das Wesentliche zu richten.

Tipp: „Stell Dein Fadenkreuz weit genug voraus!“

„Beim Bremsen Blick oben lassen“: Gerade in unserer angstbesetzten Zeit, Stichworte: Finanzkrise, Weltuntergang 2012, Klimawandel etc. fällt unser Blick oft zu knapp vors Vorderrad, während wir nahe am Schlupf die Bremse quälen. Sicherheit, Tradition und Führung wird uns wichtiger als Wagnis, Freiheit und Träume.

Tipp: „Stell Dein Visier auf Horizont, nur dort tanzen Deine Träume!“

„In die Kurve hineinschauen“: Was ist Dein Ziel für 2012? Wohin willst Du? Was möchtest Du erreichen? Je genauer Du Deinen Referenzpunkt auf Deiner Piste festlegst, umso eher wirst Du ihn „erfahren“.

Tipp: „Richte Deine Aufmerksamkeit dorthin, wo Du 2012 sein möchtest!“

„Hinter die Kurve schauen“: Manchmal sind die Wirren eines Motorradfahrerlebens so verschnörkelt, dass der weitest mögliche Blick schon zu kurz erscheint. Hier hilft uns die Imagination, Intuition, Vision. Nach 2012 kommt 2013 usw. Auch wenn jetzt der Bauch des Sparschweins nur für einen Roller reicht, die Panigale ist in Reichweite.

Tipp: „Erahne, was noch nicht ist!“

Ich wünsch Dir, dass Du 2012 Schönes siehst und vergiß nie: „Nur in der Wagnis erblüht das Leben“,

risk’n’ride, Dieter

Kein Dopamin, kein Sinn

Irgendwann im November, ich auf Amazon.de, „Zonko auf Monden“ im Warenkorb, drücke ich den Button „Bestellbestätigung“ – ein Gefühl der Entspannung macht sich breit. Fabelhaft. Gleich nocheinmal: „Evel Knievel – Ein Leben am Limit“ – Zooom – gekauft! Feeling: erstklassig! Da schnapp ich mir auch noch schnell eine Steppenwolf-CD, eine Mumin-Tasse für meine Frau und den PLAYMOBIL Supersportler für meine Tochter. Ich bin ja kein Egoist.

Kurzer Ausflug in den Duden (online – nicht gekauft!):

Holy Shit. Kaufrausch. Ich? Nee, das kenn ich doch nur von Frauen, steht ja schon im Namen drin. Geschwindigkeitrausch? JA!:

Irgendwann im August, ich im Weissenbachtal, Bike unter mir, drehe ich den Gashahn, 7000 U/min – ein Gefühl der Spannung macht sich breit. Fabelhaft. Gleich nocheinmal. „Karacho“ – Zooom – geschafft! Feeling: erstklassig! Da schnapp ich mir auch gleich die nächste Gerade, und die nächste, und die …

Ich glaub ich brauch eine Drogentherapie. Süchtig nach Kick? Eigenblut vollgepumpt mit Endorphinen? Schnell mal googlen – oh verdammt, „Internet“ das nächste Gift – ich tippe: „SUCHT“ – surfe die Netzwelle mit der Erkenntnis:

„Relax, Chill, bleib cool. Solange Du das ganze noch kontrollieren kannst, dabei keine Schuldgefühle hast, es Dich nicht drängt, das Ganze ständig zu wiederholen und Du Dir über die Gefahren darüber bewusst bist, take it easy.“

Aber:
Kontrollverlust? Na sicher.
Schuldgefühle? Irgendwie schon.
Wiederholungszwang? Sowieso.
Verdrängung? Ha, was soll ich bitte schön verdängen?

Break: Ich entscheide mit für Substanzentzug. Kalter Truthahn statt Kalte Kuchl: kein Shopping (trotz Weihnachten), kein Internet (naja, 30 min pro Tag ist kein Kontrollverlust) und vom Motorradfahren kann man im Advent soundso nur Träumen. Mein innerer Arzt verschreibt mit eine Packung Abstinenz = Punschstandl meiden, Amazon.de-Verbot, portionierter Internetzugang inklusive facebook- und youtube-Stop.

Ergebnis: 0,0 Promille Tag und Nacht. 100% Nüchternheit. Ich denk mir, jeder bekommt was er verdient. Aber irgendetwas fehlt mir. Alkohol? Nee. Einkaufen? Auch nicht. Facetube? Ebenfalls, njet. Na was dann? Körperdrogen! – Mein Blut ist leer, es fehlt das Dopamin und auch der Sinn.

Ich korrigiere den Duden:

Dann korrigieren ich mich: Seit gestern steh ich voll im Rauschtraining, heut schon ein Buch bestellt, mit Freunden zwei Vierterln Chianti genossen und in fiebriger Erwartung auf das Frühjahr, um mit meinen neuen Rauschskills durchs Weissenbachtal zu donnern.

Von irgendwo zwischen Abstinenz und Vollsuff,
risk’n’ride,
Dieter

„Zonko auf Monden“ – Eine Riskzension

Drei Wochen vor dem Heiland schneit mir “Zonko auf Monden” ins Haus. Fritz Triendl alias Zonko (oder umgekehrt), seinerseits Chefredakteur der Zeitschrift „Der Reitwagen“, schrieb eines der größten Motorradabenteuer der Literaturgeschichte, das ich in weniger als 0,002 Lichtjahren genüsslich verschlang. Zonkos Odyssee 2010.

Zonko und sein Piepmatz Luna Loop – gefiederter Verstand und vorwiegend auf Großhirndenken gepolter, reizender Wellensittich – steuern auf seiner zweizylindrigen „Königin der Strasse“ mit 182km/h ins Universum, um 384.467 Kilometer später auf Monden zu landen. Eine kleine Ewigkeit für jeden von uns, für Zonko und Luna jedoch ein kurzer Quantenloop.

Um auf den Highway der Glückseligkeit zu gelangen muss Zonko mit seinem „weissen Büffel“, das Gas voll am Anschlag, über eine 30 Meter Rampe der Euphorie und des Grauens donnern. An der A2, Richtung Graz, gelegen, verspricht dieses Wagnis wahrlichen Ordalcharakter.  Zonko wandelt hier auf den Spuren des neunzehnjährigen Graham Greenes, der – ob seiner tiefen Einsamkeit und Sehnsucht nach Lebenslust – sich russisch sechs mal den Revolver an die Schläfe setzte, um Gott das Roulette des Lebens entscheiden zu lassen. Das Pokern mit dem Tode gab ihm das Leben zurück. Auch Zonko ist die Freude am Leben auf Erden irgendwie entglitten, nicht wegen tiefer Einsamkeit. Nein Zonko verlässt die Freude, da zum einen die gesetzgebenden Menschen die Welt krank reglementieren und ihm zum anderen die moderne Informationstechnologie einen unfassbar dichten Informationsschwall beschert, der seinen Wunsch nach einer dunklen Ecke nährt.

Man hat jedoch den Eindruck, dass Zonko weniger durch innere Leere, als von innerer Fülle angetrieben wird. Sie ist die entscheidende Kraft, die ihn als Grenzgänger und Wagnissuchender drängt, sein bequem abgesichertes Dasein, gespickt mit Fernseher und Vanillekipferl, zu verlassen, um dem risikoreichen Weg der eigenen Berufung zu folgen. Viel mehr eine Flucht zu etwas hin, als ein Flüchten von etwas weg. Seine dunkle Ecke, sein „Etwas“ findet Zonko auf Monden in einer anfangs spartanisch, kargen Umgebung, in der sich Sinn, Flow oder Glück leichter einzustellen vermag als in Luxus und Überfluss. Sozusagen eine Flucht Into the Wild oder genauer Into the Child, da sich die mondartige Landschaft, vom Sandschleier freigesaugt, als kindheitsgeprägte Tiroler Almenerinnerung präsentiert.

Ähnlich wie Alexander Supertramp die Erkenntnis schwant: „Happiness is only real when shared“ findet Zonko das Glück in unterschiedlichsten Begegnungen auf Monden. Seine Rendezvous mit dem Mondkalb, der Mondfee, dem Krempelritter oder Franz Kupalsky muten an wie die Prüfungen des Odysseus, die Zonko zum Helden formen und seiner Sinnsuche Anstrich verleihen. Nach seiner größten Prüfung, durch einem Sandsturm hervorgerufen, wird er am Weg in die Heimat auf Erden in ein Paralleluniversum geschleudert, welches wie Realität anmutet, und Zonko in einer Schleife zwischen zwei Welten zurücklässt.

Zonko und Fritz Triendl führen uns in eine fantastisch-realistische Welt im Spannungsfeld zwischen Risiko und Sicherheit, Wagnis und Überreglementierung, Gefühl und Verstand.  Im Abenteuer sehnt man sich manchmal eben nach Deckenluster, Wohnzimmer, Fernseher und vor allem Vanillekipferl – „Lass uns heimfahren“, wie Luna Loops sich treffend wünscht. (Umgekehrt: jedem Banker sein SUV.) Alle auf der Suche Heimat zu finden, mal in der Ferne, mal ganz nah. Zonko findet Heimat in sich selbst und kommt so zur Ruhe in seiner ganz persönlichen dunklen Ecke.

Falls jemals ein Zonkoismus aus der Erde – oder dem Mond – wachsen sollte, ich würde mich ihm verpflichtet fühlen. Denn im Wagnis erblüht das Leben, im Abenteuer die Erkenntnis.

Eins noch: Ich warte auf ein zweites Buch, in dem Zonko Schrödingers Katze bemüht und durch die Zertrümmerung des Fernsehers mit dem Schnitzelklopfer, ein Paralleluniversum eröffnet, das ich in weiter Ferne nur erahnen kann. Ich würde am Sozius Platz nehmen.

risk‘n‘read, Dieter

Sind Motorräder passé?

New York Times – 5.November 2011 – Frederick Seidel, Motorradjournalist und Motorradpoet, fragt sich Folgendes (freestyle übersetzt):

Sind Motorräder irgendwie vorbei? Junge Männer ersetzen mehr und mehr ihre Lust aufs Motorradfahren mit der Begierde auf andere Objekte. Waren im letzten Jahrtausend Superbikes ihre geliebten Begleiterinnen, werden diese nun mit gänzlich anderen zeitgenössischen Show-Off-Produkten getauscht. Vornämlich Elektronische – vor allem von Apple produziert.

iPhone 4S, i Pad 2, x-inch, das leichte, matt glänzende Macbook Air – es sind diese geschmeidig schönen Will-Haben-Apparaturen, denen die Jungs dieser Tage nachhetzen, sie besitzen müssen und bereits besitzen – millionenfach.

Diese Gadgets sind bekannt für die grazile Erhabenheit ihres Designs und sind vor allem um vieles billiger zu haben als Motorräder. Gleich lockt die Operationsgeschwindigkeit – Speed und Performance – ihre Begeisterung.

Selbstverständlich sind es nicht nur die „Jungen“, die Apple Produkte kaufen. Aber das Augenmerk auf die Verkaufszahlen: Es sind die jungen Männer, die eben Motorräder kaufen würden. Aber sie tun es nicht. Zumindest nicht in den Mengen wie vor „der Krise“ (im Merkelschen Sinne). Die Rezession war ein Disaster für Motorradhändler, aber besonders für Verkäufer von Supersportlern – Motorrädern, die vor Power, Performance und Design nur so strotzen, aber keinen praktischen Nutzen haben. Sportbikes sind keine Motorräder auf denen man Reisen unternimmt. Sie sind nicht bequem zu fahren, schon gar nicht für die Begleiter – Ehefrau, Partner oder Freund. Geschweige denn, um in die Arbeit oder dem entlegenen Zeltplatz zu düsen. Man könnte es tun, aber es wäre eine Qual. Junge Fahrer kaufen heutzutage weniger Motorräder. Und wie es aussieht: besonders keine Supersportler.

Es wäre als hätte „die Krise“ einen komatösen Stillstand unter den potentiell neuen Motorradkäufern herbeigeführt – übrigends genauso wie in vielen bereits erfahrenen Bikern. Nachdem sie aus der Rezession erwachten, fanden sich alle wieder in einer Menschenschlange vor einem Apple-Store, um geduldig auf die neueste Erscheinung zu warten.

Sie kaufen Style. Sie kaufen Funktion. Und umso wichtiger, sie kaufen Glamour. Diese Geräte erhöhen das Selbst des Käufers. Sie helfen den Kosumenten zu denken und im selben Moment nicht zu denken. Nicht vor allzu langer Zeit war das die Aufgabe von Motorrädern.

Vor einigen Tagen wurde auf der Internationalen Motorradshow in Mailand von Ducati ein radikal neues Sportbike vorgestellt – die Panigale, benannt nach Borgo Panigale, dem Viertel am Stadtrand von Bologna, wo Ducatis Fabrikshallen siedeln. Lange war es ein Geheimnis, wie die neue Panigale aussehen wird und vor allem wie ihre Performance wäre. Es gab Spionage-Erlkönig-Schnappschüsse aus Mugello mit dem früheren Superbike Champion Troy Bayliss, und viele Gerüchte und Spekulationen über die technischen Details. Apple-Rumors sozusagen – Gabriele del Torchio als wiederauferstandener Steve Jobs.

Wir wissen nur eins. Die Panigale wird tapfere Herzen schneller schlagen lassen. Sie wiegt weniger als ihre Vorgängerin. Sie hat einen neuen Rahmen. Ein geniales Auspuffsystem. Sie ist schnell. Sie ist schön. Sie hat Glamour. Wie viele Ducati Gefolgsmänner werden sie besitzen wollen? Nur einige wenige.

Es war nicht lange Zeit her, als Bubenherzen vor einem neuen Ducatidesign in die Knie gingen. Heute bleiben junge Männer lieber zuhause, um mit Ihrem neuen iPad zu spielen, statt auf dem roten Blitz eines 1198 Superbikes mit seinem unverkennbaren tiefen Ducatisound die Landstrasse entlang zu knurren.

risk’n’ride, Dieter (Apple-User und Motorradfahrer)

Originalartikel (natürlich in englisch):
Is the Era of the Motorcycle over? by Frederick Seidel auf NYtimes.com

Grosse Welle – Grosse Worte

Mein Artikel „Der Tod und das Motorrad“ hat hier im Netz für viel Zündstoff gesorgt. Noch immer nicht alle Missverständnisse aus der Welt geschafft, kommt mir nun der Big Wave-Surfer Garrett McNamara etwas zu Hilfe. Nach dem Video von seinem unglaublichen Weltrekord, ein kurzer Interviewausschnitt von Spiegelonline.de:

SPIEGEL ONLINE: Big-Wave-Surfen ist sehr gefährlich. Was wäre passiert, wenn Sie gestürzt wären?

McNamara: Dann geht man auf den Unterwasser-Ritt. Wenn man große Wellen surft, ist ein Adrenalin-Rausch beinahe garantiert. Für mich ist es mittlerweile schwierig, diesen Rausch zu bekommen. Vielleicht, wenn ich gefallen wäre.

Unmissverständlich beschreibt McNamara, dass er wohl einen Sturz „benötige“ – was das beim Big Wave Surfen bedeutet, kann man sich denken – um „diesen Rausch“ beim Surfen zu erleben. Das ähnelt ein wenig dem provokanten Ansatz von Extrembergsteiger Oswald Oelz „Der Tod macht das Bergsteigen interessant„.

Natürlich reitet kein Surfer eine Welle, besteigt kein Bergsteiger einen 8000er und fährt niemand Motorrad UM zu sterben. Das wäre Selbstmord. Der Rausch des Risikos benötigt allerdings die Möglichkeit des Unfalls, im schlimmsten Fall, des Todes. Auch wenn es manche nicht lesen wollen.

Weiterhin, risk’n’ride, Dieter

Risk-Buddy Konferenz

Nach den teilweise sehr heftigen Diskussionen in mehreren Foren bezüglich meiner beiden Artikel: „Wie gefährlich ist Motorradfahren Teil II“ bzw. „Der Tod und das Motorrad“ habe ich mich bemüssigt gefühlt wieder einmal eine Risikokonferenz einzuberufen. Ich wollte sehen, welche Meinung meine Riskbuddies zu diesen Themen haben. Hier der „Streit“:

(Wer das nicht lesen kann, sollte auch nicht Motorradfahren ;-))

Wie immer finden die 4 keinen Konsens. Darum hab ich mir mal die Mühe gemacht und alle bisherigen Postings in den Foren gelesen, um zu sehen, wen von den 4 Riskbuddies wir Motorradfahrer zum Wagnis-Häuptling küren würden. Hier das Ergebnis (% Zahlen sind von mir geschätze Häufigkeiten aller Postings nach Zuordnung zur jeweiligen Risikostrategie – Stichprobe ca. 300 Forenantworten):

Ungültig wäre z.B. „So einen Scheiss lese ich sowieso nicht“ oder sonstige Meinungen, die bei aller Anstrengung schwer zuordenbar blieben.

Jetzt stellt sich für mich die Frage: Sind tatsächlich 60% aller Motorradfahrer Oscars oder sind es nur 60% aller Motorradfahrer, die sich – wie ich – Zeit für Forenbesuche und Foreneinträge nehmen.

Nur ein bisschen klüger,

risk’n’ride, Dieter