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Autor: Dieter Wellmann

Tod dem versklavten Hochglanz!

beggar with two dogs near Charles bridge, Prague
Im bombastischen Zweifel über die dubiosen Machenschaften der Überlebensindustrie und deren aufmagazinierten Handlangern im Hochglanzkostüm, schreibe ich über weiche Fakten des „bleib oben“-Managements:

Neue Lügen braucht das Land! Gegenüber dem ABS-Schwindel, der Airbag-Flunkerei und der Sturzhelm-Fabel, sollen die neuen Lügen zumindest fruchtbar für uns Menschen sein. Schluss mit diesen rückschrittlichen Innovationen die unserer Geldtaschen leeren, während der kapitalistische Dauerständer unser Gehirn blutleer pumpt.

Scheisst Euch nicht an!

Lieber Verkehrsminister! Liebe Hochsicherheitsindustrie!
Scheisst Euch nicht an!

Werner Munter ist Risikoforscher mit Bikerlook. Die einen nennen ihn eine Sicherheitskoryphäe, für andere ist er DER „Lawinenpapst“. Er selbst bezeichnet sich als „Unsicherheitsexperte“.
Eine für mich gewichtige Idee von Werner Munter ist die Unterscheidung zwischen gutem und schlechtem Risiko. Risiko ist laut Munter dann gut, wenn auf 100.000 Personentagen ein Todesfall kommt (Personentage!!! NICHT Personen!). Eine ähnliche Norm schwebt auch dem Verband Deutscher Sicherheitsingenieure für die Industrie vor.

Nun die entscheidende Frage: Ist das Risiko „Motorradfahren“ gut?

OK! Kopf in den Fahrtwind, Hände vom Lenker und Rechenschieber aus der Schublade. Los geht’s:

Zugelassene Motorräder in Österreich (Stand 31.Dezember 2014): ca. 465.000 Stück

Wenige haben mehr als ein Motorrad. Manche sind Vielfahrer.

Uli Brée – der hyperreale Dionysos

Version 2
Uli Brée – ich verneige mich vor diesem virtuosen Spieler des Motorraduniversums, hieve ihn auf den Olymp der Zweizylindergottheiten und küre ihn zum Botschafter der motorisierten Anderswelt.

Uli Brèe gelingt es – als einem unter wenigen – den Hauch des Karnevals unserer Motorradzunft aufrichtig zu portraitieren, ohne zu übersehen, dass sich hinter dieser clownesken Maskerade eine tiefe Ernsthaftigkeit und Leidenschaft verbirgt. Er, das limbische System der Neukirchner Tridays, schafft den Balanceakt zwischen der gravitätischen Humorlosigkeit schwarzgekleideter MC-Geschwader und der närrischen Faschingsgilde einer puren Vernunft. Nichts kann diese Spaltung des Zweiradgemüts pointierter zum Ausdruck bringen, als ein Dialog aus der Feder des Leibhaftigen. Aber lest doch selbst, wie Toni alias Sonderermittler Steiger seiner schiesswütigen Herta Siegwald grundehrlich die Spaltung seiner und unserer Seelenwelt erklärt:

Toni: „Sonderermittler Steiger spürte den eisigen Schauer des Bösen. Der Schwarze Engel hatte wieder zugeschlagen und sein Schatten fiel auf das Dorf.“

Hertha: „Mmh, klingt ein bisschen aufgesetzt.“

Toni: „Findest?“

Ultimatives Sicherheitsgadget (Neunter Teil): „Der Verzweiflungspunkt“

Fingerarbeit ist äusserst nützlich – beim Kuppeln, Bremsen und für den Gruss mit der Linken – aber das Fingerarbeit auch gegen Verzweiflung und Depression des Motorradfahrers helfen kann, war mir neu – bis gestern. Da erspähe ich auf einer Toilette einen Mondkalender (für üblich halte ich diese Dinger für gänzlich nutzlos).

Auf dem Abreissblatt: „6.Februar 2015“ war vom Verzweiflungspunkt die Rede. Jeder sollte ihn drücken, wenn man „Erste Hilfe in kritischen Situationen“ braucht. Vor allem in Situationen, in denen „kein Ausweg zu erkennen ist„. Ich denke sofort: „Ah, Traktor von rechts“ und mache mich auf die Suche nach dieser ominösen Stelle.

Der Punkt des Unglücks ist leicht ihn zu finden: Suche einfach die Stelle in der Mitte Deiner Handfläche – einige Zentimeter in gerader Linie unterhalb des Mittelfingers. Hast Du Sie gefunden? „Jetzt drücke mit dem Daumen Deiner anderen Hand 1-2 Minuten  auf diese Stelle“ und aktiviere den Zauber.

Shit, 1-2 Minuten, während der Ausfahrt hilft der nicht.

Sex ohne Vorspiel taugt nichts! Oder?

Sensual woman kissing her handsome husband

Sex ohne Warmup macht im Kino – ob im Kopf oder Cineplex – einiges her. In der tatsächlichen Ausübung taugt der Kick ohne Vorspiel eher selten. Besonders Männern wird der „Harte Sex“ über einschlägige XXX-Seiten als der Olymp vorgegaukelt, den es zu erklimmen gilt. Ich persönlich bin da eher der Typ „Bolero“ und brauche kein Rammstein für den Soundtrack zum Liebesspiel.

Es ist so weit: Die ersten Knospen auf den Bäumen verkünden von der Zeit, in der wir wieder sachte eine innige Beziehung zu unserem Motorrad aufbauen sollten. Es braucht jetzt kein „Hart-an-der-Grenze“ oder „Schräg-am-Limit“, nein: Zärtlichkeit, Achtsamkeit, Einfühlsamkeit und Empathie sind die Navigationspunkte in der Vorbereitung auf rauschhaftes Kurvenspiel. Mach Dich daher auf den Weg in die Garage, zur lustvollen Ouvertüre. Verwandle Dein Motorrad zum Lustpunkt der Welt.

Schicksalsmomente – „Gone … Too Fast“

Als ich mir gestern das „Gone … Too Fast“ -Video der Rennleitung#110 ansehe, zwängt sich eine Erinnerung in meinen Gedankenstrom. Ich hatte letztes Jahr eine ähnliche Begebenheit auf einer Bergstrasse, die mich ebenfalls die Hände Richtung Himmel falten lies. In jenem Moment wurde ich (oder es) von „oben“ gesteuert. Anders kann ich mir Folgendes nicht erklären:

Ich fahre hinter einem Reisebus im gefühlten Schritttempo her. In 150 Meter eine Rechtskehre. Freie Fahrt. Ein Gang runter und links vorbei. Plötzlich kommt eine 1200er GS frontal auf mich zu. Wir müssen uns die Fahrbahn brüderlich teilen. Gottseidank reicht der Platz für beide.

Ich kann schwören, der Motorradfahrer war nicht da, als ich den Überholvorgang begann. Er kam aus dem Nichts. Die Hölle oder der Himmel müssen ihn geschickt haben. War es ein Engel? Ein Dämon? Gar der Tod?

Es gibt also – jenseits von Fahrtrainings, Selbstdisziplin und Schulungen – Situationen, die ich nicht kontrollieren kann. Ist es Schicksal, ist es Gott, ist es der Teufel oder dummer Zufall? Ich bin es definitiv nicht!