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Motorradfahren wird sicher(er) – „Der Risikoquotient“

In punkto Motorradfahren bin ich ein gewaltiger Hosenschisser. „Chronische Angstlust“ diagnostiziert mein Hausarzt. Täglich kämpfe ich gegen den Hochdruck meines Hasenherzens. Dabei kommen mir jene Spiessgesellen ungelegen, die mir weismachen wollen, dass Motorradfahren gefährlich sei. Unter der Flagge der Hochsicherheit kämpfen sie gegen mein Bedürfnis es manchmal auch krachen zu lassen.

Diesen Menschen sei gesagt: „Ihr liegt falsch! All Euren Phantasiepflichten zuwider wird Motorradfahren von Jahr zu Jahr sicherer.“

Ein Blick auf die österreichische Unfallstatistik zeigt (Quelle: BMI): Im Jahr 1992 hatten wir 85 Motorradfahrer zu betrauern. 2013 waren deren Zahl 87. Die Jahre zwischen 1992-2013 zeigen zwar optisch, jedoch statistisch keinerlei signifikante Veränderungen.

Der Anstieg österreichischer Zulassungszahlen für Motorräder in den letzten beiden Jahrzehnten war im Gegenzug massiv. Von 1992 bis 2013 ein Plus von ungefähr 260%! Exakt von 124.904 angemeldeten Motorrädern auf stolze 450.807 Stück.

Mein Alter Ego Hans-Peter pflückt seinen Rechenschieber aus seinem Seitenkoffer und produziert aus beiden Kurven einen Risikoquotienten fürs Motorradfahren:

Trotz Hans-Peters Skepsis der Bikerzunft gegenüber beruhigt er: „Schaut her, Euer Risiko nimmt über die Jahre stetig ab.“:

Verrückte Mathematik“, denke ich. Mein innerstes Muttersöhnchen ist ermutigt. Ich trotze meinen Sorgen. Los geht die Sause!

risk’n’ride,
Dieter

Kleine Anmerkung: Von 2012 auf das Jahr 2013 zeigt sich ein auffälliger Anstieg der Zahl getöteter Motorradfahrer relativ zum generellen Sicherheitszuwachs der letzten zwei Jahrzehnte. Ob daraus ein böser Trend entsteht? Ich werde für Euch dran bleiben.

Kauft Euch ein Motorrad und das Problem ist gelöst!

Unlängst im Netz:

Sehr geehrter Herr Professor,
wenn ich nachts nach Hause komme, muss ich immer einen Parkplatz für mein Auto suchen. Soll ich nun an einer Stelle warten bis ein Parkplatz frei wird, oder soll ich herumfahren, um einen freien Platz zu finden?
Ihr Oskar

Lieber Oskar,
ich weiss nicht, ob es eine objektiv richtige Antwort auf Deine Frage gibt.
Einerseits weisst Du nie, wann ein Parkplatz frei wird. Es ist jedoch gewiss, wenn Du herumfährst, verbrauchst Du mehr Sprit als wenn Du an einer Stelle wartest. Es sieht daher so aus, als wäre Warten die bessere Option.
Andererseits, wenn Du herumfährst, streust Du Deine Chancen und erhöhst die Wahrscheinlichkeit des Erfolgs. Dies spricht wieder dafür, dass Du fahren solltest, um einen Parkplatz zu finden.
Was Du auf jeden Fall beachten solltest, ist die Psychologie des Wartens. Einfach Stillsitzen und Nichtstun ist meist nervtötender als aktiv zu sein. Wenn wir warten, dann vergeht die Zeit langsamer und die Geduld sinkt. Egal, wie viel Sprit wir sparen würden, viele von uns würden verrückt werden, wenn sie in ihren Autos sitzen und warten müssten. Also zwischen Sprit sparen und der Erhaltung guter Stimmung wäre es das Beste, Du kaufst Dir ein ökonomisches Auto und fährst herum, um einen Parkplatz zu finden.
Ihr Professor

Sehr geehrter Professor, lieber Oskar,
kauft Euch ein Motorrad und das Problem ist gelöst!

risk’n’ride,
Dieter

„Drawing Lines“ – Ein Film der Grenzen verschiebt

Drawing Lines“ – ein aussergewöhnliches Werk eines fantastisch netten Teams rund um Mario Gattinger. Auf ihrer cineastischen Reise durch die verschneite Bergwelt von Österreich, Italien und Japan verfolgen die Risikoavangardisten ihre Leidenschaft „Freeriden“ – angefixt durch kaltes weisses Pulver.

Organisiert von der Geschäftswelt, war ich am Wochenende in Kirchdorf zu einer Podiumsdiskussion anlässlich der Oberösterreich-Premiere geladen. „Grenzen verschieben mit professionellem Risikomanagement“ war der Titel unseres Bühnengesprächs nach der Filmschau.  Ja, die Wirtschaft will und kann vom Risikosport vieles Lernen – egal ob von Freeridern oder Motorradfahrern. Auch in der Ökonomie lohnt sich intelligentes Risiko.

Wer diesen Film in die Finger bekommt: Nehmen. Kaufen. Ansehen!

So riesig ist der Unterschied zwischen Motorradfahren und Freeriden keineswegs:

  • Im Focus steht die Wahl einer perfekten Linie – „drawing lines“ -, hier der Asphalt, dort der Pulverschnee.
  • Grenzen erkennen und ziehen – „drawing lines“ – ist DIE Überlebensstrategie im Risikosport, auf der Strasse oder im Pulverschnee.
  • Die Line, ein Näschen nach dem anderen – „drawing lines“ – , die perfekte Dröhnung führt in einen gelungenen Rausch.
Von der „Drawing Lines“ Crew: Verena Fendl, Patrick Gstrein; & me

Ab und zu eine Line ziehen kann nie schaden,
risk’n’ride
Dieter

Hilfe! Ich brauche Euch! – Die Antwort

Ich wußte, dass ich mich auf meine Leserschaft verlassen kann. Ingrid hat mir den Link zu einer dekra-Broschüre zugeschickt. Die Zahlen sind zwar von 2009, aber – wie Ingrid schon sagt – die Aufteilung wird sich nicht viel geändert haben.

Mit allen copyrights und so erlaube ich mir mal die Datentorte vom „Verkehrssicherheitsreport Motorrad 2010“ für risk’n’ride rauszuschneiden. DANKE, liebe DEKRA!:

Exakt kann ich es nicht berechnen, da sich die Hubraumklassen mit meiner Statistik nicht genau überlappen. Wir können jedoch sehen, dass die ccm einigermassen gerecht auf die Motorradzunft aufgeteilt sind. Heisst das nun, Motorradfahrer mit 1000ccm ergo Supersportler(?) leben tatsächlich 4x gefährlicher?

Danke Ingrid für den Link.

Gibt es da draussen in der weiten Welt des Internetz jemanden der genau darüber Bescheid weiss?

risk’n’ride,
Dieter

Hilfe! Ich brauche Euch!

Mein Whistleblower aus dem Bundesministerium hat mir heiße Daten zugespielt: „Tödliche Motorradunfälle nach Hubraum sortiert„. Liebe Leser, ich brauche Eure Unterstützung! Mir fehlen wichtige Infos für eine sinnvolle Deutung.

Hier zuerst die Zahlen (1.Halbjahr 2014 einschliesslich 6.Juli; Quelle BMI):

An alle Abonnenten aus Deutschland und der Schweiz: mein Herr Snowden hat nur Information über die österreichische Statistik. Bitte fühlt Euch nicht vernachlässigt.

Professor Harry Hurt berechnet in seiner berühmten US-Studie von 1981 Interessantes: Dein Risiko eines tödlichen Unfalls mit einem Supersportler sei 4-mal höher als mit Enduro, Chopper oder Sonstigem. Das Diagramm könnte dies bestätigen.

Meine Fragen: Kennt jemand von Euch die Zulassungszahlen nach Hubraum in A, D oder CH? Gibt es nicht einfach mehr 1000cmm-Motorräder auf unseren Straßen?

risk’n’HELP!,
Dieter

PS: Interessant scheint mir auch, dass es „nur“ 3 verunglückte 1200ccm-Biker gibt. Sind GS-Fahrer sicherer unterwegs?

Eine Antwort gibt es von Ingrid. Im folgendem Posting könnt Ihr das (Zwischen)Ergebnis begutachten.

Wie gefährlich ist Motorradfahren? (Teil 5) „Mikromorts“

Nach einer gefühlten Motorradzeitreise treffe ich unlängst meinen Kumpel Hans Peter, seinerseits Risk-Buddy dieses Blogs. Ganz aufgekratzt erzählt er mir von seinen ausgeklügelten Berechnungen und der Gefahr des Motorradfahrens. „Die Ordnungshüter müssen sich da schleunigst was einfallen lassen!“, schwabbelt er in Richtung meines, er nennt es: „Leichtsinns“. Geifer sabbert aus seinen Richtung Hölle weisenden Mundwinkel. Im Wissen, dass Hans-Peter einem rhetorischen Bulldozer gleichkommt, wenn er einmal in Rage gerät, höre ich ausnahmsweise zu, was er zu sagen hat:Miiiikroooomooooorts“, schäumt es aus seiner Kehle. „mit Mikromorts kann ich ganz genau berechnen wie gefährlich Motorradfahren ist!“ Er zückt seinen Taschenrechner wie so mancher einsame Held seine Smith’n’Wesson und setzt zu einer seiner gefürchteten Predigten an. Ich bin gespannt wie der Abzug einer Pistole nach dem Schuß:

„Ich weiss, Risiken zu berechnen ist eine beinahe unmögliche Aufgabe. Allerdings – und jetzt höre genau zu – schlug Ronald Howard in den 70er Jahren Folgendes vor: MIKROMORTS. Ein Mikromort ist umgerechnet eine eins-zu-einer-Million-Chance zu sterben. So wäre die Chance bei einer Operation durch das Anästhetikum zu sterben 1:100 000, d.h. in 100 000 Operationen kann man einen einzigen Todesfall erwarten. Dies besagt, dass eine Operation exakt 10 Mikromorts entspricht. Kapisch?

Hans-Peters Zahlenjonglage interessiert mich zwar Null-komma-Josef, aber meine Erziehung gebietet mir weiter zu lauschen.

Schau“ rezitiert er weiter, „die Chance eins-zu-einer-Million zu sterben ist etwa gleich einem russischen Roulette bei dem Du 20x eine Münze werfen musst und wenn die Münze tatsächlich 20x hintereinander Kopf zeigt – pull the trigger.“

Aha! Und? Was hat das nun mit Motorradfahren zu tun?

Denk doch einmal nach!“ schimpft Hans-Peter mein Desinteresse, „Im Jahr 2013 sterben auf Österreichs Straßen 87 Motorradfahrer. Diese 87 Getöteten waren Teil von 450.000 Motorradzulassungen. Gefahren wird im Durchschnitt 6 Monate, also ungefähr 182 Tage. Das ergibt:

87 / (0,45 x 182) ≈ 1 Mikromort pro Tag

Die Wissenschaft sagt, dass ein Mikromort dem durchschnittlichen Risiko pro Tag entspricht, bei einer Aktivität – in Deinem Fall Motorradfahren – zu sterben. So lassen sich Risiken von verschiedenen Tätigkeiten mathematisch genau unterscheiden.

Ich hab Dir hier für das Motorradfahren im Vergleich mit anderen Fortbewegungsarten nun Interessantes berechnet:

  1. Wie weit kannst Du mit Deinem Motorrad fahren, damit Du eine eins-zu-einer-Million-Chance hast zu sterben?
  2. Wieviele Mikromorts „verbrauchst“ Du bei einer Distanz von 100 Kilometer?

Jede Motorradfahrt entspricht also ein Glücksspiel mit 1 Million Losen. Falls Du Dich auf Tour einem einzigen Mikromort aussetzt, also haargenau 6 Kilometer fährst, bekommst Du ein einziges Los. Wird Deine Losnummer nun gezogen, ist Dein Leben zu Ende. Falls Deine Losnummer nicht gezogen wird, darfst Du Dein Los in den Müll werfen und Du beginnst Deine nächste Motorradtour mit neuen Losen. (1 Los entspricht also 6 Kilometer Motorradfahren, 600 Kilometer Motorradfahren daher 100 Losen, 6 Millionen Kilometer Motorradfahren und Du bist statistisch zu 100% tot!)

Nebenbei ist bei chronischen Risiken wie Rauchen und Saufen die Lotterie dieselbe, nur dass Du am Ende des Tages Dein Los nicht in den Müll kippen darfst, sondern am nächsten Tag ein weiters Los in die Hand gedrückt bekommst und nun beide Lose am Glücksspiel teilnehmen, u.s.w. Deine Chance bei der Lotterie zu „gewinnen“ steigt von Tag zu Tag.

Also, versuche nicht zu viele Lose zu sammeln.

Damn! Wie immer hat Hans-Peter es geschafft mich mit seinen bizarren Zahlenspielereien ein wenig in den Bann zu ziehen. Aus einer heutigen Distanz sehe ich das zwar um vieles gelassener, aber das mit den „nicht zu viele Lose zu sammeln“ erzeugt in mir noch immer einen gehörigen Nachhall.

Trotzdem, oder vielleicht gerade drum und genau deshalb,
risk’n’ride,
Dieter

Hans-Peters Artikelserie:
Wie gefährlich ist Motorradfahren? (Teil I)
Wie gefährlich ist Motorradfahren? (Teil II)
Wie gefährlich ist Motorradfahren? (Teil III)
Wie gefährlich ist Motorradfahren? (Teil IV)

Zurück in die Zukunft!

Ich hätte mal einen Vorschlag. Wie wärs, wenn wir uns alle zu einem festlichen Palaver treffen, ein Friedens- oder Entspannungspfeiferl rauchen und zurück zum Start marschieren. Naja, nicht ganz zurück, nicht an den Tag an dem Adam und Eva den Urknall verursachten. Einfach nur ein bisschen zurück in der Zeit. Ich würde jenen Tag vorschlagen, an dem das kräftigste Motorrad auf Straßen 70 Pferdestärken in den schwarzen Asphalt zimmerte. Zu diesem gemeinsamen Happening müssten alle Motorradhersteller eingeladen sein. Wir alle müssten uns darauf einigen, dass in Zukunft jedes Motorrad ausnahmslos mit maximal 70 PS bestückt sein darf. Keinen Pferdefurz mehr. Wie wärs?

Ich höre es schon durch das Glasfaserkabel schallen: „Was ist denn das für ein Vollpfosten der Dieter!“. Aber hat es uns nicht gerade die Formel 1 vorgemacht: Small is beautiful, oder wie Schumacher – nein nicht der in der Reha, sondern der Ernst Friedrich – es nannte: „Die Rückkehr zum Menschlichen Maß“. Ich bin dem Geleier langsam satt: „Da drei PS mehr, dort noch zwei kw rauspressen. Wer gewinnt das Kräftemessen 2015?“. Ist doch irgendwie langweilig, dieses: Je mehr Power, desto geil.
Wie bringe ich ein Motorrad mit 54 PS von 0 auf 100 im Nu und Nichts? Das wäre eine Frage der Zukunft. Ingenieurskunst dürfte sich wieder so nennen.

Wären da nicht die alten Desperados mit ihrem: „Äh, das ist ja viel zu leise. Äh, damals hats noch nach Benzin geduftet und ordentlich gedonnert. Äh, früher war alles besser und ja, ich mag zurück in den Mutterleib.“ Ja, früher. Früher hat jedes Motorrad noch Gras gefressen und Äpfel geschissen. Diese alten einsamen Helden, die mit Marlboro im Mundwinkel und in den Sonnenuntergang reiten u.s.w. Hat sich von Euch keiner jemals gefragt, warum nie einer dieser lonesome heroes zurückgekommen ist?

Aber zurück zu unserm Vorhaben. Für die elektronikaffine Smartphonegeneration kann man durchaus so schnödes Schnickschnack wie ABS, MSC, serienmäßige GoPro ect. diskutieren. Ich bin bereit für Zugeständnisse. Aber dieser Pferdestärkenschwanzvergleich macht mich müde. Mir wird schon längste Zeit alles zu viel, zu stark, zu groß. Ich will zurück. Zurück in die Zukunft.

risk’n’ride,
Dieter