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„Mehr derselben“ Motorradsicherheit

Mein Lehrmeister Paul Watzlawick erzählte zu Lebzeiten folgende Geschichte:

Um ihre überdimensionalen Weltraumraketen vor dem Start vor Witterungseinflüssen wie Regen, Hagel oder Blitzschlag zu schützen, beschloss die NASA, einen entsprechend großen Hangar für diese Raketen zu bauen. Hangars baute man schon seit Jahrzehnten, daher machte man sich fidel an die Arbeit, die Baupläne des bisher größten Hangars mit dem Faktor 10 zu multiplizieren. Der Hangar für die Weltraumraketen, nebenbei damals der größte Bau der Welt, wurde somit zehnmal so groß wie der größte bisher gebaute. Zum Erstaunen der Fachleute stellte sich nach seiner Fertigstellung heraus, dass ein Leerraum dieser Größe sein eigenes inneres Klima besitzt – also Wolken, Regengüsse und Entladungen statischer Elektrizität. Der Bau des größten Hangars der Welt, der zur Sicherheit der Weltraumraketen gebaut wurde, brachte folgedessen genau das hervor, wovon er schützen sollte.“

Es geht mir nicht aus dem Sinn, dass sich derzeit Ähnliches um die Rüstungsindustrie gegen das Risiko Motorradfahren im Speziellen und gegen das Risiko Leben im Allgemeinen abspielt. Unsere Sicherheitswaffen werden um das 10fache vergrößert und bringen genau das hervor, wovon sie schützen sollten: vermehrtes Risiko.

Australien verordnete weiche Böden für Kinderspielplätze, damit es weniger Verletzungen durch Stürze von Spielgeräten gäbe. Diese „Vermehrung“ von Sicherheit hatte zur Folge, dass auch die Zahl der Kinder mit Fußverletzungen signifikant anstieg. Ein Mehr an Sicherheit brachte genau das hervor, wovor es schützen sollte.

Die generelle Sturzhelmpflicht für Motorradfahrer in 21 Staaten der USA (die restlichen 29 Bundesstaaten verzichten auf diese Verpflichtung) produziert pro 10,000 Unfällen 18 Tote mehr. Ein vermeintliches Mehr an Sicherheit führt genau zu dem, wovor es schützen sollte.

Mir graut jetzt schon vor zukünftigen Kriegsgerät:
ABS-Knechtschaft (fix ab 2016),
Airbagzwang (voraussichtlich verpflichtend am 2022)
und MSC-Versklavung (ab 2025 Vollbremsung in Schräglage für jedermann)

Wohin wird dieses „Mehr“ an Sicherheit führen?

Sicher ist sicher nicht sicher,
oder
no risk, no ride,
Dieter

Published inAllgemein

4 Comments

  1. Fritz Brandstetter Fritz Brandstetter

    Es gibt nur ein, sich von der SICHERHEIT SICHERN!!!!!!!!!!!

  2. Hmm, als Motorrad Sicherheit Trainer bin ich immer hin und her gerissen durch „so viele E-Helfer wie möglich“ und meinem Anspruch das Motorradfahren doch bitte eine Sache zwischen Bike und Biker ist.
    Sehr viele Biker(innen) sind heute nicht mehr seit Führerscheinausstellung mit dem Bike Jahrein Jahraus unterwegs. Viele schaffen gerade mal 5.000 km IM JAHR. Da sehe ich die Welt der „E-Helfer“. Die Biker(innen) die 15.000 und mehr im Jahr fahren sind mit dem Bike auf Du und Du und können auch ohne Fahren, wenn sie denn wollten.
    Aber das bin nur ich. Und ich kann mich Irren.
    J.

    • Hallo Joerg, schön von Dir zu lesen. Ja, da bin ich ganz bei Dir. Die Helferleins sind ja nicht böse und mein Motorrad hat auch ABS. Mein Posting bezieht sich vor allem auf den Trend jede Fähigkeit die ein Motorradfahrer haben sollte durch technische Geräte zu ersetzen. Ich denk da in die Zukunft und wohin das führen soll. Meine Kritik ist immer ein Balanceakt zwischen Technologiefeindlichkeit (bin nicht ich) und Zurückeroberung der Befähigung freier Menschen (oh, da kling jetzt geschwollen). In letzter Konsequenz braucht man dann auch keine Fahrsicherheitstrainings, da die E-Helfer (z.B. http://www.ernie-troelf.de/blog/hud-fuer-den-helm/) dann sogar die Blicktechniken übernehmen . Da sind wir gottseidank noch weit entfernt. Spaß machen würde Motorradfahren dann wahrscheinlich weniger. Im Status Quo gebe ich Dir absolut recht.

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