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Monat: Dezember 2012

Welche Songs werden wir singen, wenn es keine Motorradunfälle gibt?

In Zeiten der Wildnis und Gefahr besingen wir das Abenteuer. In Zeiten der allerhöchsten Sicherheit betteln wir nach Vollkasko-Schutz. Weniges zeigt dies besser als der Minnegesang, den wir uns tagtäglich aus dem Äther ziehen. Aber vergleiche selbst:

Was werden wir 2013 hören? Wem werden wir lauschen, wenn es einmal keine Motorradunfälle gibt? Wird es Deinen Geschmack treffen?

risk‘n‘ride auch nächstes Jahr,
Dieter

(Unfallzahlen Deutschland 1970 und 2010)

Motormania – Kalkül vs. Geilheit

Nach einigen Anfragen von Euch bezüglich des kalten und heissen Aggregatzustands der Bikerseele bitte ich den grandiosen Goofy auf die Bretter, welche unsere Motorradwelt bedeuten. Niemand kann und konnte jemals dieses Sachverhalt der Zerrissenheit unserer Gehirnteile gelungener darstellen, wie Walt Disneys Riesendackel in „Motormania“.

Auf der einen Seite Mr.Walker, das personifizierte Großhirn, das Kalkül, die verdichtete Vernunft, die Ausgeburt unserer Kontrollinstanzen, das Wunschkind jeglicher Sicherheitskuratorien.

Ihm Gegenüber Mr. Wheeler, Amygdala overdoses, freigelegter Gefühlsrezeptor, das Rauschhafte, die Geilheit, Schreckgespenst besagter Kuratorien, Komplize jeder Unfallstatistik.

Jeder kann jetzt munkeln, welch Geisteskind er doch sei. Eins ist klar, Goofy steckt in jeden von uns. Zwecks gelungenen Lebens darf sich keiner von uns einer Seite entsagen, denn nur in der Wagnis erblüht das Leben!

Also risk’n’ride auch 2013,
Dieter

Hier der Link zur eingedeutschten Version mit Herrn Leisetreter und Herrn Vollgas (inkl. Oscarverleihung): „Motormania – Der Teufelsfahrer

ABS-Pflicht: Der Teufelsparagraph?

2016 kommt EU-weit die ABS-Pflicht für alle Motorräder. Nun stellt sich die Frage: Rettet dieser Beschluss Bikerleben und reduziert Verletzungen oder ist dies wieder nur ein Komödienparagraph à la Gurkenkrümmung?

Meine Erfahrung auf zwei Pneus sagt mir: „Warum nicht schon früher? Macht doch das Bremsen um Welten kontrollierbarer!“. Ein bisschen Bücherschmökern befiehlt meiner Beurteilungskompetenz: „Nicht genügend! Bitte setzen!“ So einfach, wie es sich die klugen Herren der Verkehrshochsicherheitskommissionen denken, ist es leider nicht.

Schon allein die These der Risikokompensation besagt, je mehr gefühlte Sicherheit ich verspüre, desto mehr wage ich. Macht uns ABS also sorgloser und risikobereiter? Erhöht ABS die Wahrscheinlichkeit schwer zu verunglücken?

Eine Antwort auf diese Fragen, abseits der vermutlich von der Fahrzeugindustrie gesponserten Crashtests, geben uns die Herren Aschenbrenner(!!) und Biehl. Ihre ABS-Forschung aus den 80er Jahren zählt bei einer Münchner Taxiflotte im Durchschnitt mehr Unfälle mit ABS ausgestatteten Fahrzeugen als mit deren Karossengenossen ohne ABS. „Klar doch, in den 80ern war das ABS nicht so ausgefeilt wie heutzutage und brachte daher nicht den erwünschten Effekt!“ denkt sich der kritische Leser. Nix da. Das Taxiunternehmen und unsere beiden Herren nahmen 10 Dosen mit und 10 ohne ABS und rüsteten diese mit Instrumenten aus, welche die Beschleunigung und die Bremskraft messen sollten. Der Niederschlag: Die Taxilenker, welche ABS-Fahrzeuge lenkten, fuhren und bremsten riskanter.

Die Finanzwirtschaft kennt diese Beziehung zwischen Haftung und Sicherheit, die uns mitten auf den aalglatten Boulevard de la Kack dirigiert, nur allzugut. Ihr Name ist: ABS – Asset Backed Securities – der Teufelsparagraf, welcher den Kreditgeber von der Haftung!!! für das faule Darlehen mit dem kreditunwürdigen Opfer befreit. Dieses – ursprünglich für die Finanzsicherheit gedachte – Feature verführte entrückte Finanzhaie erst recht zum Zocken. Folglich steckt nun der Karren im Strassengraben.

Bezweckt die Europäische Union mit der beschlossenen ABS-Pflicht etwa, dass wir riskanter fahren? Mit dem Sensenmann zocken? Sollte es so sein, finde ich diese Institution echt geil. Da sitzen doch noch ein paar vernünftige Leute in den Brüssler Gremien, die klammheimlich uns zum Herbrennen verleiten. Lobbyisten der Wagnis und des erfüllten Lebens.

Für diejenigen, die trotzdem noch an Brüssel zweifeln. Das Youth Bulge Syndrom besagt, dass es nur in den Ländern zu Kriegen kommt, in denen es überschüssige junge Männer gibt. Jetzt wissen wir, warum sich die EU für den Friedensnobelpreis qualifizierte.

risk‘n‘ride,
Dieter

VPU (MPU) – Das Programm zur Intensivierung des Rausches

Eine Verkehrspsychologische Untersuchung oder – wie es in Deutschland heisst – Medizinisch-Psychologische Untersuchung ist „für jemanden, der sowohl gerne trinkt und gerne fährt, das Beste, was einem passieren kann“:

Falls jemand von Euch in der berauschenden Adventzeit den einen oder anderen Grog, Punsch, Jagatee oder sonstige bewusstseinshebende Arznei dazu benutzt, um seine persönlichen Blut-Alkohol-Werte jenseits der staatskonformen Grenzlinie zu pushen und anschliessend mit seinem Weihnachtschlitten direkt in der Behördengarage Stellplatz „Idiotentest“ (wurde dieser Name von den Untersuchern oder den Untersuchten erfunden???) parkt, so sehe ich dunkelschwarz für Dein Motorradreisen 2013.

Der Ausweg: Eine Anleitung von Peter Richter* wie man das Ergebnis der VPU bzw. MPU bezüglich seiner Trinkgewohnheiten auf zumindest „bedingt geeignet“* schraubt:

  1. Nicht täglich!
  2. Mehr Wochentage ohne als mit!
  3. Nicht mehr als 10 Trinkeinheiten maximal! („Trinkeinheit“ = ein kleiner Schnaps (0,01l), ein kleines Glas Wein (0,01l), ein wirklich kleines Bier (0,2l). Das mag als Maßangabe etwas lebensfern erscheinen, aber offenbar kommt man nur so auf ungefähr vergleichbare Alkoholmengen.)
  4. Mindestens so viele alkoholfreie Getränke wie alkoholische!
  5. Bei einer Sache bleiben!
  6. Und zwar der, die man wirklich mag.
  7. Und niemals Schnäpse aufschwatzen lassen!

So, damit steht zumindest einer Ausfahrt im Sommer oder Frühherbst, falls Du dann den Lappen wieder hast, fast nichts mehr im Wege.

Und jetzt das Beste:

Das Frappierende daran: Dieser Maßnahmenkatalog lässt sich nicht nur als Einschränkung und Disziplinierung lesen, im Gegenteil: Es ist zugleich ein Programm zur Steigerung des Genusses, er dient am Ende sogar der Intensivierung des Rausches.“ (S.41)

Ich bekomm noch immer nicht dieses herzhafte Schmunzeln dieser Weltlektüre aus meiner Fratze. In Kombination mit „Zonko auf Monden“ unterm Tannenbaum ein Lesefest des Rausches,

risk‘n‘ride,
Dieter

* Richter, P.; „Über das Trinken“, Goldmann, München 2011
* beinhaltet meist – trotz Fahrerlaubnis – regelmässige Abstinenzbeichte durch Bluttest