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Risk'n'Ride Posts

Der „Als ob“ Biker

1911 schrieb der Österreicher Hans Vaihinger sein Monumentalwerk „Die Philosophie des Als Ob“. Er beschreibt darin spektakulär wie wir alle die Welt rund-um-uns grandios inszenieren und tun „als ob“ diese tatsächlich so sei. Das ewige „fact’n’fiction“-Thema. Klingt kompliziert, ist aber ganz einfach.

Wir Motorradfahrer leben tagein tagaus so,

  • „als ob“ wir einen entfesselten Steve McQueen verkörperten, obwohl …
  • „als ob“ wir mit „best friend“ Peter Fonda den Highway verschlängen, obwohl …
  • „als ob“ wir auserwähltee Prospects der Höllenengeln wären, obwohl …
  • „als ob“ wir Robert Pirsig das Schrauben lehrten, obwohl …
  • „als ob“ in uns „Der Wilde“ wohne, obwohl …
  • „als ob“ wir der leibhaftige Herr Rossi wären, obwohl …
  • „als ob“ wir Ewan durch die Road of Bones geleiten, obwohl …
  • „als ob“ wir glückselig wären, obwohl …

Dieses „obwohl …“ stellt unsere geisttötende tagtägliche Wirklichkeit dar, meist mit Vorgarten und passenden Zwerg dazu. Wir haben dieses nüchterne Dasein in jahrelanger Mühseligkeit gezimmert und denken „das Leben ist eben so“.

Halleluja! Lasst uns die Pose des „als ob“ für immer einnehmen. Lasst uns pausenlos das Leben preisen und unaufhörlich tun,

  • „als ob“ wir Schmetterling lachen hörten
  • „als ob“ wir wüssten wie Wolken schmecken

Schrotte das „obwohl …“ und lebe „als ob“!

risk’n’ride,
Dieter

„Salutogenetischer Wildwechsel“ – Ein Video der Zuversicht

Die Verbreitung von Versagensfilmen, sogenannter „fail-videos“, erreicht derzeit biblische Ausmaße. Als Atheist schlag ich mit einem Video der Zuversicht zurück:

„Salutogenetischer Wildwechsel“

oder

Wie Moses einst durchs Rote Meer,
brennt Motorrad das Wildbret her.

risk’n’ride,
Dieter

Ein Freischaden für den Müll

Erst gestern fliegt mir ein Umschlag in den Briefkasten. Der Inhalt ist ein Schreiben meiner KFZ-Versicherung. Aus einem lustlosem Rechtsdeutsch übersetzt steht darin geschrieben: Zahlen Sie einmalig € 24,50 und wir gewähren Ihnen einen Freischaden!“
Man muß schon einen Gewaltigen an der Waffel haben, wenn man diesen Betrag auf deren Konto überweist. Gewährten sie mir Sicherheit, ich würde noch einmal darüber schlafen. Aber Freischaden?! Ich stell mich in den Mittelkreis meines Wohnzimmers und versenke einen Freiwurf im Rachen des nächstgelegenen Papierkorbs. 1:0 für Dieter! Mann, tut das gut.

Freischaden“ – ein Kandidat für das Unwort der Menschheit. Wovon kann ich mich damit bitte frei kaufen?
Diese Versicherungspflicht überhaupt. Sie hat seit dem 19.Jahrhundert für die Industrie und Großkonzerne, später auch für alle Motorradfahrer, das Verhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit gänzlich revolutioniert. Durch einen meist monatlichen finanziellen Ablasshandel kann jedermann Freiräume für sein Scheitern alias Freischäden erwerben. Somit kann BP die nächste Bohrinsel gelassen in der Karibik versenken und jeder Biker seelenruhig sein Ross zu Schrott fahren. Ein Freischaden ist ja ohnehin um € 24,50 gewährt. Alle sind vor- und rückversichert. Weder Konzerne noch Motorradfahrer scheuen so die finanziellen Konsequenzen ihrer Fehler.

Wie würden Großkonzerne jedoch handeln, müssten sie die Folgekosten ihrer Unfälle selbst bezahlen? Wie würden wir wohl unsere Wochenendrunde ziehen, wären wir unversichert und der Unsicherheit zumindest monetär gänzlich ausgeliefert? Würden Unfall-, Haftpflicht- und Krankenversicherung die Folgekosten nicht übernehmen, würden wir dann trotzdem Motorradfahren?
Es scheint, dass in unserer Vollkaskogesellschaft wieder mal das Kapital die Triebfeder ist. Geld flexibilisiert die Grenzen von Freiheit und Sicherheit. Einerseits ist das gut so, denn ich persönlich würde das Risiko Strassenverkehr höchstwahrscheinlich meiden, gäbe es kein Taschengeld für Asphaltausschlag. Andererseits, 100% Sicherheit kann der Bauchladen der Versicherer auch nicht bieten. Es bleibt mir also nicht anderes übrig, als meine Grenze zwischen meiner Freiheit und meiner Sicherheit immer wieder neu zu verhandeln.

Anders gesagt, ich verzichte auf den gewährten Freischaden und somit auf ein Stückchen Freiheit, um mir letztendlich ein Quäntchen mehr an Sicherheit zu behalten.

risk’n’ride,
Dieter

Gottlob! Die Zahl der verunglückten Motorradfahrer steigt wieder

Heute wäre eine Präambel nicht schlecht: Es geht hier nicht um persönliche Schicksale sondern um absolute Zahlen (Nur um den Moralisten gleich einmal den Wind aus den Segeln zu streichen). Thema: Die in den vergangenen 18 Monaten gestiegene Anzahl tödlich verunglückter Motorradfahrer und den dadurch erwachsenen Profit. Anlass: Die 7 auf österreichischem Asphalt tödlich verunglückten Motorradfahrer am Pfingstwochenende 2014. (Hochgerechnet auf Deutschlands Einwohnerzahl hätten in der Bundesrepublik 70 Biker einköpfeln müssen – es waren „nur“ 15 an der Zahl.)

Die Medien beweinen den hohen Blutzoll auf den Strassen der Alpenrepublik und es wird bereits in der Zauberkiste nach Maßnahmen contra dem Risiko gestöbert. Aber ist es wirklich so schlimm, wenn sich die Unfallstatistik wieder mal gegen die Decke streckt? Mitnichten!

In den vergangenen 30-40 Jahren war es ein Leichtes mit Verkehrssicherheit Geld zu verdienen. Egal was man präventiv oder rehabilitativ auf den Markt warf, es war automatisch von Erfolg gekrönt. Jede noch so unsinnige Maßnahme surfte auf der Welle abnehmender Unfallzahlen. Dass jedoch – um nur ein Beispiel zu nennen – signifikant weniger Kinder auf der Straße sterben, hat nur teilweise mit erhöhter Verkehrssicherheit zu tun. In Wahrheit bringt der Wahnsinn auf unseren Strassen Mama und Papa dazu, die Kinder per Auto in Kindergarten und Schule zu chauffieren. Es sind einfach keine Kinder mehr auf der Strasse um sie platt zu fahren. Nichts mit „mehr Verkehrssicherheit“.

Aber wie können wir von einem MEHR an Motorradtoten profitieren? Dazu ein kleiner Exkurs über gesunde Entwicklung:In heutigen Zeiten, in denen wir auf eine männliche Entwicklungskultur der Dauererektion setzen – alles muss wachsen, alles soll noch größer, stärker, höher, effizienter, noch sicherer werden – ist ein Anstieg an Unfallzahlen schlichtweg eine Katastrophe. Aber Dauererektionen sind bekanntlich eine urologische Krankheit. Sie machen das Hirn blutleer. „Wehe unsere Wirtschaft wächst nur um 0,2%„. „Wehe es gibt wieder mehr verunglückte Motorradfahrer„. Das Scheitern ist verboten. Fehler sind nicht akzeptabel.

Kontemporäre Wissenschaft ist sich jedoch einig: mit diesem Denkmodell fährt eine Gesellschaft mit Vollgas gegen die Wand. Modernes Denken setzt diesem Dauerständer ein anderes, menschendienlicheres Entwicklungsmodell gegenüber – die Spirale. In spiralförmigen Entwicklungen sind Ruhepausen, Chillout und Langsamkeit erlaubt, ja erwünscht. Das Scheitern ist als Chance inkludiert. Zwar führt uns nicht jeder Misserfolg zwangsläufig auf das nächste Level des Menschseins. Er beinhaltet jedoch die Möglichkeit sich auf neue Ebenen zu entwickeln und zu wachsen.

Eine Gesellschaft muß den Mut haben zu scheiternd. Nur dann werden wir geSCHEITER. Deshalb freut mich, dass in letzter Zeit wieder mehr Motorradfahrer das Zeitliche segnen. Nur in Phasen der Krise und des Misserfolgs werden Maßnahmen reflektiert und hinterfragt. Im Erfolg ändern wir meist gar nichts oder „never change a winning team„. Jetzt wäre es an der Zeit diverse Verkehrssicherheitspakete  aufschnüren und alle darin enthaltenen Maßnahmen auf den Tisch zu legen. Und vor allem braucht es Courage und Mut, Verstaubtes und Unnützes in den Müll zu entsorgen, um eine neue Sicherheit für uns Motorradfahrer entstehen zu lassen.

Daher hat es auch etwas Gutes, wenn die Zahl der getöteten Motorradfahrer wieder anzieht. Es wurde langsam Zeit.

risk’n’ride
Dieter

Angst! Aber was jetzt bitte?

 

Angst beim Motorradfahren ist gar nicht gut. Keine Angst auch nicht besser.
Das sagen gesetzmäßig Herr Yerkes und Herr Dodson.

Ich sag:
Jetzt einigt Euch doch endlich, liebe Bergsportler und Polizistinnen.


risk’n’ride,
Dieter

„Es gibt keine zweite Chance“ – Lyrischer Clip by meddes

In der Serie lyrischer Werbespots bin ich Dank der Rennleitung#110 auf folgenden Clip von meddes gestossen. Klar, ohne die mächtige Stimme von John Doman verliert meine selbstgezimmerte Übersetzung radikal an Wucht. Trotzdem: „Es gibt keine zweite Chance.“
Ob Du Dein Ding gewinnst oder nicht,
das Wie musst Du selbst entscheiden
Du wirst hier erst rausgehen, wenn alles gesagt und getan ist …
aber das Spiel wird weitergehen
…. es gibt nur eine Regel, die Du wissen musst: „Es gibt keine zweite Chance.

Da ist nur dieser eine Augenblick und der nächste Augenblick.
Jeder dieser Zeitpunkte ist ein Test, den Du einmal bestehen musst und NUR einmal.
Also, wenn Du eine Gelegenheit erkennst, stürz Dich hinein.
Wenn Du Chance auf den Sieg hast, sei Dir verdammt noch mal sicher, dass Du sie ergreifst.
Nütze diesen Augenblick!
Dieser Augenblick ist eine Wegkreuzung an der alles was Du Dir erträumst mit alldem zusammenprallt was Dir im Weg steht.
Angst und Zweifel donnern wie ein Güterzug genau auf Dich zu.
…. und alles was Du hast –
… der einzige Unterscheid zwischen Geschichte schreiben und Geschichte sein
– das Einzige – das Einzige auf das Du in jenem bestimmten Augenblick zählen kannst bist allein DU!
Es bist „Du gegen Sie“
… Du gegen „Nein“
… Du gegen „Kann nicht“
… Du gegen „Nächstes Jahr“, „Letztes Jahr“, „Statistiken“, „Ausreden“, …
Es bist „Du gegen die Geschichte“
… Du gegen „alle Schwierigkeiten“
Es bist Du, Du gegen „den zweiten Platz“
Die Uhr tickt bereits.
Lass uns sehen was Du drauf hast.
risk’n’ride,
Dieter
Lyrische Serie:
„Das Limit ist Deins! Deines allein!“
„Fastest“ Moto GP Filmpremiere – Ein lyrischer Movietrailer
Safetyclips – lyrisch, blutrünstig und old school
„Jäger auf Melonen“ – Helmi hat kläglich versagt

21 Gramm Motorradfahrer

Makaber, makaber, und doch wert mitzurechnen: Vom Schwarzmarkt der Organe flattert mir eine Preisliste in Form eines Videoclips auf meinen Bildschirm. Der filetierte Motorradfahrer in € pro kg soll demnach knapp 31 Millionen Dollar einbringen – exakt $ 30.886.700,-. Ein Schnäppchen, wenn man bedenkt, dass mich ein finanzstarker Oligarch mit seiner Portokasse direkt aus dem Sattel kaufen könnte. „Peanuts“ würde Hilmar Kopper statuieren.

Allerdings muss ich einwenden, dass hier neben meinen 85kg fleischgewordenen Motorradfahrers unverzichtbare 21 Gramm gänzlich unter den Asphalt gekehrt werden. 21 Gramm, das Gewicht meiner Seele (Quelle: Duncan MacDougall 1907). Und die – mein lieber Organhändler – diese 21 Gramm sind unverkäuflich und unbezahlbar.

Als wäre es so einfach, wird in diesem Videoclip eine Schutzausrüstung im Wert von $1500 flapsig in die Waagschale gelegt. Voila, schon hätte man Sicherheit erzeugt. Gut, man könnte noch ABS (€ 600,-), Airbag-Jacke (€ 1500,-) und Nackenschutz (€ 300,-) dazulegen, womit wir auf € 3900,- wären. Industrielle Sicherheit zum Spottpreis.

Ich jedoch meine, dass meine paar Gramm Seele mehr als nur diesen Hartplastik-Carbon-Luftposter-Rundumschutz verdient haben. Auch wenns jetzt erzieherisch anmutet. Ich würde sagen, dass ich mich auf folgende unvollständige Preisliste tausendmal mehr verlasse:

Buch (z.B. Bernt Spiegel)                                         14,95  €
Video (z.B. Motorrad Fahren)                                19,40  €
Fahrtraining (Rennleitung#110 -STRIKE 2)     110,00  €
Selbstreflexion                                                             0,00  €
Summe:                                                                    144,35  €

Ich musste mal pädagogisch werden, denn dieser Seitenhieb auf die Carbon&Latex-Fetisch-Fraktion, die ihre innere Arbeit fürs Motorradfahren gänzlich ausser Acht lässt, brennt mich täglich unter dem Visier.

Darum,
risk’n’ride,
Dieter

Hier die Organpreisliste für Biker, die knapp bei Kasse sind:

Motorradfahrer will nicht am Leben bleiben

Schluss mit lustig. Stopp der Babypause. Manch geistreiche Zunge behauptet ich hätte die Geburt meines Sohnes so geplant, dass er das Licht der Welt in der motorradfreien Winterpause erblickt. Nein, es war der Terminkalender des Zufalls, der es so fügte. Jetzt, da mein Fratz nun mal hier ist, werde ich von der moralisierenden Gesellschaft mit nervenden Fragen und noch schlimmeren Ratschlägen gequält, wie: „Verkaufst Du Dein Motorrad? Schließlich hast Du als zweifacher Vater doppelte Verantwortung!“,  „Es wäre wohl an der Zeit als Motorradfahrer und Vater eine Lebensversicherung abzuschliessen!“ oder „Ist in Deiner Situation nicht wichtiger am Leben zu bleiben und Dir eine Leidenschaft mit weniger Risiko zuzulegen?“. Scheisse, nein, ich will nicht am Leben bleiben. Wie soll ich meinen Kindern später erklären, dass ich das, was mir so viel Freude bereitet am Tag ihrer Geburt in den Müll entsorgte. Nein, „am Leben bleiben“ ist für mich keine Option. Mein Dasein soll eine andere Grundlage haben.

Wie die scheue Gazelle beim Anblick eines schlafenden Geparden erstarrt, so vergessen wir bei all dem „am Leben bleiben“ auf das was wirklich zählt, nämlich lebendig zu sein. In einer Welt von Kuratorien der Verbots- und Strafwahns laufen wir Gefahr eine schäbige Tragödie zu inszenieren. Die Dramaturgie ist düster. Der Feind ist das Leben.

Nein, Zweiradabstinenz und Lebensversicherung sind keine Lösungen für motorradfahrende Familienväter wie mich. Allseits rundum gegen Sturm, Hagel, Unfall und Beben zwangsversichert soll ich mich nun auch noch gegen mein Leben versichern? Schon Oscar Wilde hat einmal gesagt, das Leben sei viel zu wichtig, um es ernst zu nehmen. Ich kann ergänzen, mir ist es zu wertvoll, um es zu versichern.

Die Antwort auf mein Grübeln strampelt gerade fröhlich vor meiner Nase. Mein Sohn. Vollgefixt mit Leben. Er denkt nicht an Sicherheit, an sein Überleben oder ans „am Leben bleiben“. Er ist einfach. Mein kleiner Lehrmeister, mein Guru der Glückseligkeit.
Er spricht zu mir:

Du sollst kacken und essen,
lachen und weinen,
schlafen und wachen.
Vor allem sei lebendig,
schwing Dich auf Dein Motorrad und spüre das Leben.

Daher, ab jetzt wieder und weiterhin,
risk’n’ride,
Dieter