Dem erfahrenen Motorradfahrer ist es in Fleisch und Blut gebrannt: Das genügend weite Vorausschauen. Irgendwo zwischen Tachonadel und Horizont sollte der Fokus liegen, manchmal sogar darüber hinaus. Heute, da der Blick auf 2012 noch knapp an der Nasenspitze klebt, werfe ich ein Auge auf Techniken des Vorausschauens.
Konzeptionell scheint uns Menschen der Speed beim Motorradfahren zu überfordern. Wahrnehmungstechnisch reihen wir Blackout an Blackout und schwingen von Kurve zu Kurve wie ein trunkener Tarzan. Der Blick immer am Ort wo in wenigen Momenten meine Hand die Liane ergreifen wird und sich der Reifen mit dem Asphalt vergript.
Erschwerend dabei ist, dass der Weitblick mehr und mehr schwindet je risikoreicher mir eine Situation erscheint. In der Angst ist uns das Leder näher als der Bock. Der Blick fällt in den Keller und brennt sich in das Grau knapp vor das Vorderrad. Jetzt heissts, besonders für Neulinge, „Reeelaaax!“. Merkspruch: „Je Hängematte, desto Horizont“. In der Entspannung schalten unsere Neuronen auf Weitblick. Schon Einstein empfing seine Quantentheorie im Spaziergang und nicht im verkrampften Denken.
Auch dem erfahrensten Motorradfahrer flutscht der Fokus manchmal zu nahe an das Windschild. Hier helfen Vorsätze wie: „Weit Vorausschauen“, „Beim Bremsen Blick oben lassen“, „In die Kurve hineinschauen“, „Hinter die Kurve schauen“. Keine Parolen, die man mantramässig repetieren müsste, sondern Gedächtnisstützen, die als Klebe-Memos auf Tank oder Tacho vor allem Neu- und Wiedereinsteigern unschätzbare Dienste leisten. Dazu einfach Bernt Spiegels „Motorradtraining alle Tage“ aufschlagen, vorgefertigtes Memo-Label abziehen und rauf damit, am besten dorthin, wo es Dich beim Brettern am ehesten auf die Schulter klopft.
Aus Bernt Spiegels Trainingsbuch stammt auch das Zitat der Rennsau Hermann Maier: „Wo i hiischau, do bi i aa scho sellba!“ – Hochdeutsch: „Wohin ich meine Aufmerksamkeit richte, folgt mein ganzes Sein!“
Gut so, aber wohin mit meiner Aufmerksamkeit?
Hier ein paar Motorradfahrertipps fürs Leben 2012:
„Weit Vorausschauen“: Konzeptionell scheint uns Menschen auch der Speed unserer Informationsgesellschaft zu überfordern. Es ist nicht einfach zwischen Smartphone, Email, Facebook und den altbackenen täglichen Besorgungen, das Visier oben zuhalten und den Blick auf das Wesentliche zu richten.
Tipp: „Stell Dein Fadenkreuz weit genug voraus!“
„Beim Bremsen Blick oben lassen“: Gerade in unserer angstbesetzten Zeit, Stichworte: Finanzkrise, Weltuntergang 2012, Klimawandel etc. fällt unser Blick oft zu knapp vors Vorderrad, während wir nahe am Schlupf die Bremse quälen. Sicherheit, Tradition und Führung wird uns wichtiger als Wagnis, Freiheit und Träume.
Tipp: „Stell Dein Visier auf Horizont, nur dort tanzen Deine Träume!“
„In die Kurve hineinschauen“: Was ist Dein Ziel für 2012? Wohin willst Du? Was möchtest Du erreichen? Je genauer Du Deinen Referenzpunkt auf Deiner Piste festlegst, umso eher wirst Du ihn „erfahren“.
Tipp: „Richte Deine Aufmerksamkeit dorthin, wo Du 2012 sein möchtest!“
„Hinter die Kurve schauen“: Manchmal sind die Wirren eines Motorradfahrerlebens so verschnörkelt, dass der weitest mögliche Blick schon zu kurz erscheint. Hier hilft uns die Imagination, Intuition, Vision. Nach 2012 kommt 2013 usw. Auch wenn jetzt der Bauch des Sparschweins nur für einen Roller reicht, die Panigale ist in Reichweite.
Tipp: „Erahne, was noch nicht ist!“
Ich wünsch Dir, dass Du 2012 Schönes siehst und vergiß nie: „Nur in der Wagnis erblüht das Leben“,
risk’n’ride, Dieter
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