Ein kurzer Auszug aus Robert M. Pirsigs philosophischen Roman „Zen und die Kunst ein Motorrad zu warten“ aus dem Jahre 1974:
„So orientieren wir uns hauptsächlich an der Himmelsrichtung und der zurückgelegten Strecke und versuchen im übrigen, jeden Hinweis zu deuten, der sich uns bietet. Ich habe in einer Tasche einen Kompaß für bedeckte Tage, an denen man sich nicht nach der Sonne richten kann, und die Karte habe ich in einer Spezialtasche auf dem Benzintank befestigt, so daß ich die seit der letzten Kreuzung zurückgelegte Strecke verfolgen kann und immer weiß, worauf ich achten muß. Mit diesen Hilfsmitteln und ohne Zwang, zu bestimmter Zeit irgendwo „anzukommen“, geht es wunderbar, und wir haben Amerika beinahe ganz für uns allein.“
Fast 40 Jahre später lenken uns drei Buchstaben: G -P- S! Immer und überall wissen wir, wohin wir „wollen“! Das Navigationsgerät stemmt uns eine Schleuse in die Alpen, aus der wir nur entweichen, indem wir den Stecker ziehen. Motorradfahren wird immer mehr zum Downhill im Eiskanal. Die Strecke ist vorgegeben. Ein kurzfristiges Abweichen wird meist mit freundlicher Frauenstimme sofort mit „Bitte wenden“ kommentiert. Der satellitengeleitete Motorradfahrer unter dem Schlapfen präziser Militärtechnik. Das Risiko sich zu verfahren, Umwege zu gehen, Ungeplantes zu Entdecken wird zum Softwarefehler.
Wäre ich ein Fahrradkurier und müsste möglichst schnell ein Foto zur Werbeagentur liefern, ein Navi wäre sicherlich sehr hilfreich. Wie steht es aber bei einer Urlaubsfahrt in die Alpen? Wieso haben wir so grosse Angst falsch abzubiegen? Ohne Foto vom Colle-sowieso oder Passo-irgendwie auf facebook ist die Tour nur halb so viel Wert. Das Ziel ist das Ziel, der Weg wird zur Nebensache.
Ich plädiere für weniger Navigation beim Motorradfahren und für mehr Mut für das Entdecken. Das Schöne liegt oft im Unerwarteten.
Wreck your Navi,
and risk‘n‘ride,
Dieter
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