Springe zum Inhalt

Monat: März 2014

Motorradfahrer will nicht am Leben bleiben

Schluss mit lustig. Stopp der Babypause. Manch geistreiche Zunge behauptet ich hätte die Geburt meines Sohnes so geplant, dass er das Licht der Welt in der motorradfreien Winterpause erblickt. Nein, es war der Terminkalender des Zufalls, der es so fügte. Jetzt, da mein Fratz nun mal hier ist, werde ich von der moralisierenden Gesellschaft mit nervenden Fragen und noch schlimmeren Ratschlägen gequält, wie: „Verkaufst Du Dein Motorrad? Schließlich hast Du als zweifacher Vater doppelte Verantwortung!“,  „Es wäre wohl an der Zeit als Motorradfahrer und Vater eine Lebensversicherung abzuschliessen!“ oder „Ist in Deiner Situation nicht wichtiger am Leben zu bleiben und Dir eine Leidenschaft mit weniger Risiko zuzulegen?“. Scheisse, nein, ich will nicht am Leben bleiben. Wie soll ich meinen Kindern später erklären, dass ich das, was mir so viel Freude bereitet am Tag ihrer Geburt in den Müll entsorgte. Nein, „am Leben bleiben“ ist für mich keine Option. Mein Dasein soll eine andere Grundlage haben.

Wie die scheue Gazelle beim Anblick eines schlafenden Geparden erstarrt, so vergessen wir bei all dem „am Leben bleiben“ auf das was wirklich zählt, nämlich lebendig zu sein. In einer Welt von Kuratorien der Verbots- und Strafwahns laufen wir Gefahr eine schäbige Tragödie zu inszenieren. Die Dramaturgie ist düster. Der Feind ist das Leben.

Nein, Zweiradabstinenz und Lebensversicherung sind keine Lösungen für motorradfahrende Familienväter wie mich. Allseits rundum gegen Sturm, Hagel, Unfall und Beben zwangsversichert soll ich mich nun auch noch gegen mein Leben versichern? Schon Oscar Wilde hat einmal gesagt, das Leben sei viel zu wichtig, um es ernst zu nehmen. Ich kann ergänzen, mir ist es zu wertvoll, um es zu versichern.

Die Antwort auf mein Grübeln strampelt gerade fröhlich vor meiner Nase. Mein Sohn. Vollgefixt mit Leben. Er denkt nicht an Sicherheit, an sein Überleben oder ans „am Leben bleiben“. Er ist einfach. Mein kleiner Lehrmeister, mein Guru der Glückseligkeit.
Er spricht zu mir:

Du sollst kacken und essen,
lachen und weinen,
schlafen und wachen.
Vor allem sei lebendig,
schwing Dich auf Dein Motorrad und spüre das Leben.

Daher, ab jetzt wieder und weiterhin,
risk’n’ride,
Dieter