Laborratten-Einzelversuche von Kradfahrern bilden ja bekanntlich nicht zwingend das Verhalten der großen Masse ab. Trotzdem dürfen dadurch auch Hinweise auf mögliche Artefakte bezüglich des Wesen des Motorradfahrers entdeckt und damit auf die Gesamtpopulation der Biker projiziert werden. Eine Art Prophezeiung sozusagen.
Infiziert von der Idee des „gläsernen“ Motorradfahrers, frage ich mich: „Sind Motorradfahrer tatsächlich so verrückt, durchgeknallt und krank, wie manch brav angepasster Steuerzahler behauptet?“. Dazu gibt es keine naheliegendere Möglichkeit, denjenigen darüber entscheiden zu lassen, der tagtäglich sortiert, wer verkehrstauglich ist und wem der Führerschein wegen diagnostiziertem Wahnsinn für immer entzogen wird: den berüchtigten „Idiotentest“. Amtlich bekannt unter VPU (Verkehrspsychologische Untersuchung) bzw. MPU (Medizinisch-Psychologische Untersuchung) richtet er an der Himmelspforte des Strassenverkehrs zwischen „Gut“ und „Böse“.
Trotzdem wahrhaftige Idioten behaupten, dass man während so einer Gesinnungsinspektion aus drei Kügelchen ein Haus bauen muss und mit dem vierten die dazu passende Garage, begebe ich mich in die Hände einer VPU-Professionalistin. Nur speziell ausgebildete Personen haben die Berechtigung solche Testungen mit uns Erdenmenschen durchzuführen.
Mein mentaler TÜV geschieht an einem Flachbildschirm in der Wiener Taborstrasse, in dem verkehrspsychologischen Institut meines Vertrauens. Dort stelle ich mich einer erlesenen Testbatterie, deren Ergebnis mir die Antwort auf die Frage „Sind Motorradfahrer von Grund auf irre?“ geben soll.
Der Test den ich durchlaufe nennt sich WRBTV. Hinter diesem sperrigem Kürzel versteckt sich der „Wiener Risikobereitschaftstest Verkehr“, der mein „subjektiv akzeptiertes Risikoniveau in Verkehrssituationen“ prüft. Kurz: Kann man die Einheit Motorrad-Dieter auf den Rest der Menschheit loslassen? Meine Aufgabe dabei ist, mir kurze Videos von 24 potenziell gefährlichen Verkehrssituationen anzusehen. Während ich diese Kurzfilmen betrachte, muss ich einen Knopf in jenem Augenblick drücken, ab dem ich beispielsweise mit einer vorgegebenen PS-Zahl nicht mehr überholen würde oder in dem ich nicht mehr in eine Kreuzung trotz Querverkehr einfahren würde. Aus den daraus resultierenden Daten berechnet ein ausgeklügeltes Computerprogramm meine generelle Risikobereitschaft bezüglich Strassenverkehr. So weit, so gut.
Das Ergebnis:
Geil! Ich neige mit meinem „hohem subjektiv akzeptierten Risikoniveau“ dazu, ein „höheres Ausmaß an objektiver Gefahr in Kauf zu nehmen“. Ich! Ja, ich als amtlicher Hosenscheisser und Warmduscher kann an der oben stehenden Tabelle gar graphisch erkennen, dass ich knapp aus dem Durchschittsbereich der Menschheit falle. WRBTV ich liebe Dich! Es war schon immer ein Wunsch von mir, nicht Teil der Einheitsmasse zu sein. Ich bin sehr stolz auf das Ergebnis.
Aber Halt! Würden die Ergebnisse der nächsten Tests ähnliche Resultate zu Tage bringen, könnte ich in die Kategorie „nicht geeignet für den Strassenverkehr“ fallen. Mein Führerschein müsste in den Katakomben der Verkehrsbehörde in Rente gehen.
Würde man mich allerdings als durchschnittlichen Motorradfahrer typisieren, also wäre ich ein Abbild der Zweiradigkeit, es hieße gleichzeitig, dass alle Motorradfahrer zumindest ein bisschen durchgeknallt, verrückt und krank wären. Kraftradfahrer fallen somit erwiesenermassen – knapp, aber doch – aus der Norm und dem Mittelmaß. Ich könnte mir kein besseres Ergebnis erträumen.
In Erwartung weiterer Testdaten,
risk’n’ride,
Dieter