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„Hook up“ – Der Rausch auf zwei Rädern!

Vor zwei Stunden kühlten die letzten Regentropfen den sonnenaufgeheizten Asphalt. Trockene Fahrbahn. Ideale Bedingungen für ein Experiment der Klasse „Sanftheit, Entspannung und Leichtigkeit“. Die Strecke: Weissenbachtal. Motorradeldorado für daheimgebliebene Salzkammgutbiker. Nach 20 Minuten kurvenschwangerer Anfahrtszeit bin ich bereits in einem Zustand eines allfliessendem Zen-Mönchs. Perfekte Seelenlage um folgendes Rästel zu lösen:

Kann ich den Rausch beim Motorradfahren intensivieren?

Ich nähere mich stetig der Schlüsselstelle – einer Kurvenkombi des Entzückens, welche jedem Biker mit den Grußworten „Motorradfahrer – Bitte langsam!“ aufkredenzt wird. Ich beginne zu trägern* und frage mich: „Wie könnte es leichter gehen?“ Der Lenkimpuls schrumpft auf ein Minimum. Die Maschine legt sich brav in die Schräge. Ich bin entspannt wie ein nuckelndes Baby. Nächste Kurve, dieselbe Frage: „Wie könnte es leichter gehen?“ Meine Arme gleichen flügelleichten Federn, mein Kinn hängt bis zum Asphalt und mein Gesäß verschmilzt mit der Polsterung meiner BMW. Die Einheit – sie ist da! Der Flow – er verinnt in meinen Hirnwindungen. Jetzt die nächste Kurve – abermals: „Wie könnte es noch leichter gehen?“ Boooom! Bin ich es der lenkt? Gibt es mich? Verschmolzenes Fleisch-Metall? Ich werde Zeuge, wie sich die physikalischen Grenzen meines Motorrads auflösen um meinen Körper vollends zu absorbieren. Es schluckt mich. Ein letztes „Wie könnte es noch leichter gehen?“ und ich zerrinne. Ich werde eins mit der Strecke, eins mit der Landschaft, eins mit mir und der Welt. Hook up* – Körper, Unbewusstes und das Universum verschmelzen. Transzendenz!

Kabumm! Ein Knall in Form eines wegdriftenden Hinterrades hebt mich mächtig aus dem Sitz. Ich bin wieder ich. Geöffnete Adrenalinschleussen verdrängen das Meer an Dopamin – der Kick löscht meinen Rausch. Puh! Gerade noch gut gegangen. Mit pochendem Herzschlag passiere ich ein Schild von dem mir ein Motorradfahrer in fetten Lettern „DANKE!“ zugrüßt. „DANKE!“, sag auch ich, wissend, dass es vielleicht ein „Was könnte noch leichter sein?“ zu viel war. Troztdem werde ich es wieder wagen diese Frage zu stellen, denn sie führt mich zur Essenz meiner Leidenschaft – dem Rausch auf zwei Rädern.

Hook up and
risk‘n‘ride,
Dieter

*“trägern“ ist die Form einer Körperarbeit des amerikanischen Akrobaten, Tänzers und Arztes namens Milton Trager. „Was könnte leichter und freier sein?“ war das Leitmotiv der Arbeit von diesem inspirierenden Typen. Es ist eine Methode des somatischen Lernens die ich 2003 an der kalifornischen Pazifik-Küste in Big Sur kennenlernen durfte. „Hook up“ ist der meditative Zustand, der durch dieser Arbeit erreicht werden soll. Trager nennt diesen: einem unendlichen Ozenan des Wohlseins. Seit geraumer Zeit weiss ich, dass diese Methode mitunter ein Weg ist, diesen Zusammenschluss Motorrad-Fahrer zu schaffen. But Beware: Rausch kills, without Rausch skills!

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